Süddeutsche Zeitung

Asylbewerber:Selbstanzeigen wegen Terror

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Angst vor Abschiebung: Immer mehr Flüchtlinge bezichtigen sich selbst. Sie hoffen, subsidiären Schutz zu erhalten.

Die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen islamistischen Terrors steigt in ganz Deutschland. Ein neuer Grund dafür ist nach einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur die zunehmende Zahl von Selbstanzeigen von Flüchtlingen. Der Hintergrund: Junge Männer bezichtigen sich aus Angst vor Abschiebung der Mitgliedschaft in einer Terrorgruppe. Zahlreiche Staatsanwaltschaften, etwa in Hessen oder auch in Norddeutschland, registrieren hier eine Art Trend.

So gibt es etwa nach Aussagen von Stuttgarts Generalstaatsanwalt Achim Brauneisen 100 Selbstanzeigen in Asylverfahren, besonders häufig von Menschen aus Somalia sowie Pakistan und Afghanistan. Die Menschen aus Somalia bezichtigten sich, bei der radikal-islamischen Al-Shabaab-Miliz gewesen zu sein, die aus Pakistan und Afghanistan bei den radikal-islamischen Taliban. Mit der Selbstbezichtigung einer Zwangsmitgliedschaft in einer islamistischen Vereinigung wollten viele Asylbewerber der Abschiebung entgehen. Dabei spekulierten sie auf den sogenannten subsidiären Schutz. Der subsidiäre Schutz als dritte Statusform neben der Anerkennung als Asylberechtigter oder als Flüchtling gewährt in bestimmten Fällen wirksamen Schutz. Und zwar dann, wenn eine schwere Menschenrechtsverletzung unterhalb der Schwelle der politischen Verfolgung vorliegt. Gemäß dem Asylgesetz genießt ein Ausländer immer dann subsidiären Schutz, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Dazu zählen Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung.

Der Generalstaatsanwalt in München berichtete von mindestens 150 Fällen zwischen Sommer 2016 und April 2017. Allein bei der Staatsanwaltschaft München I gingen vom 1. September 2016 bis zum 1. April 2017 mehr als 40 Strafanzeigen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ein, in denen Asylbewerber bei der Anhörung im Asylverfahren angaben, in ihrem Herkunftsland jemanden umgebracht oder dies versucht zu haben. Noch öfter hätten Flüchtlinge angegeben, vor ihrer Flucht Terrorgruppen angehört oder diese unterstützt zu haben.

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SZ vom 17.07.2017 / dpa
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