Süddeutsche Zeitung

Asyl:"Schwächen" im Dublin-Abkommen

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Kanzlerin Merkel fordert eine deutliche Änderung des europäischen Asylsystems: Die Außengrenzen müssten besser geschützt und die Verteilung der Flüchtlinge fairer gehandhabt werden.

Von Robert Roßmann, Berlin

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat skizziert, wie sie sich eine neue europäische Asylpolitik vorstellt. Die CDU-Chefin sagte in einer Rede vor dem Düsseldorfer Industrie-Club, das aktuelle Asylrecht beruhe darauf, "dass wir den Grenzschutz im Wesentlichen an die europäischen Außengrenzen verlagert haben - jedenfalls an die Grenzen der Mitgliedstaaten, die zum Dubliner Abkommen gehören und die zum Schengen-Abkommen gehören". Dieses Dublin-Abkommen habe aber "Schwächen, sodass wir auf jeden Fall Veränderungen vornehmen müssen". Der Andrang an Flüchtlingen zeige, dass die Außengrenzen besser geschützt werden müssen. An der Landgrenze zwischen Griechenland und der Türkei gebe es Zäune, "aber meerseitig haben wir große Probleme mit dem Schutz", sagte Merkel. Europa müsse deshalb gemeinsam mit den Ländern, von denen aus die Flüchtlinge ablegen, den Grenzschutz organisieren. Daher sei die Kooperation mit der Türkei "so essenziell". Die EU müsse die Lasten mit der Türkei teilen, finanziell und "vielleicht auch mit bestimmten legalen Kontingenten an Flüchtlingen". Noch schwieriger sei die Lage an der italienischen Küste, weil auf der anderen Seite Libyen liege, in dem "im Grunde keine Staatlichkeit mehr sichtbar" sei, sagte Merkel. Auch deshalb gebe es so intensive diplomatische Bemühungen, eine Einheitsregierung in Libyen zu schaffen.

Neben der besseren Sicherung der Außengrenzen müsse "Europa zu einem fairen System zur Verteilung von Flüchtlingen kommen". Dabei könne "man natürlich die wirtschaftliche Kraft, die Zahl der Arbeitslosen, die Zahl der schon aufgenommenen Migranten mit einrechnen". Wegen des Dublin-Abkommens habe Deutschland in den vergangenen Jahren vergleichsweise wenige Flüchtlinge aufgenommen, da die Bundesrepublik keine EU-Außengrenze habe. Angesichts der gestiegenen Flüchtlingszahl sei es "natürlich völlig unmöglich, dass Griechenland alleine alle aus der Türkei ankommenden Flüchtlinge aufnimmt", wie es das Dublin-Abkommen eigentlich vorsehe. Ohne "faire Verteilung, die heute im europäischen Asylsystem nicht vorgesehen ist", könne es in Zukunft auf "gar keinen Fall gehen". Deshalb brauche die EU "wahrscheinlich einen europäischen Grenzschutz, Abmachungen mit unseren Nachbarn und eine faire Verteilung in Europa", also "eine Veränderung des bestehenden Asylsystems".

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Quelle:
SZ vom 06.11.2015
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