Süddeutsche Zeitung

Antrag bei den Vereinten Nationen:Syrien beantragt Aufnahme in C-Waffenkonvention

Lesezeit: 3 min

Nun ist es offiziell: Die syrische Regierung will der Chemiewaffenkonvention beitreten und hat einen entsprechenden Antrag bei den UN eingereicht. Damaskus hofft damit, einem US-Militärschlag zu entgehen. In Genf diskutieren US-Außenminister Kerry und sein russischer Kollege Lawrow das weitere Vorgehen. Machthaber Assad stellt Bedingungen an die US-Regierung.

Im Ringen um eine Wende im syrischen Bürgerkrieg hat sich am Donnerstag eine leise Chance für eine politische Lösung abgezeichnet. Damaskus reichte einen Antrag auf den Beitritt zur UN-Chemiewaffenkonvention ein, wie die UN mitteilten.

Der Antrag der syrischen Regierung werde geprüft, derzeit würden die Unterlagen übersetzt, sagte ein UN-Sprecher. Das weitere Prozedere könne nun aber einige Tage dauern. Syrien hat jedoch nach Angaben der Vereinten Nationen versprochen, sich schon vor seinem offiziellen Beitritt zur internationalen Chemiewaffenkonvention an deren Vorgaben zu halten. Das stehe in einem bei den UN eingegangenen Brief aus Damaskus, teilte ein UN-Sprecher in New York mit. Der syrische UN-Botschafter Baschar al-Dschafa sagte in New York: "Damit sollte das Kapitel dieser sogenannten Chemiewaffen abgeschlossen sein, und rechtlich gesehen ist Syrien heute volles Mitglied der Konvention geworden."

Die Chemiewaffenkonvention war Anfang 1993 offiziell unterzeichnet worden und trat 1997 in Kraft. Mit einem Beitritt unterwirft sich ein Land den Kontrollen der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OVCW).

Außenminister Westerwelle lobte den "positiven ersten Schritt"

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte, Syriens Antrag sei ein "positiver erster Schritt". Jetzt komme es darauf an, dass Syrien die damit verbundenen Verpflichtungen zur Offenlegung, Kontrolle und Vernichtung seiner Chemiewaffen erfüllt. Die Bundesregierung werde Damaskus an den tatsächlich erzielten Fortschritten messen.

Syriens Außenminister Walid al-Muallim hatte die Bereitschaft seines Landes zum Beitritt zu der Konvention angekündigt, nachdem Russland Damaskus am Montag vorgeschlagen hatte, seine Chemiewaffen unter internationale Aufsicht zu stellen und zu vernichten. Syrien stimmte dem Vorschlag zu.

Nach dem überraschenden Vorstoß Moskaus diskutierten US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow am Donnerstagabend in Genf erstmals über die Initiative. Kerry sagte an die Adresse Syriens gerichtet: "Worte allein reichen einfach nicht aus." Zu den Gesprächen in Genf sagte er, die USA seien "ebenso entschlossen" zu "gehaltvollen Diskussionen" wie Russland. "Die Erwartungen sind hoch", sagte er. "Das ist kein Spiel." Jedwede Vereinbarung zur Kontrolle des syrischen Chemiewaffenarsenals müsse glaubwürdig sein und zeitnah erfolgen.

Lawrow sagte, eine Lösung des Chemiewaffenproblems mache einen Militärschlag gegen Syrien unnötig - damit drohen die USA, seit im syrischen Bürgerkrieg Mitte August offenbar Giftgas eingesetzt wurde. Russland sei indes davon überzeugt, dass auch Washington an einem friedlichen Weg für den Umgang mit Syriens Chemiewaffen interessiert sei.

Assad stellte Bedingungen an die US-Regierung

US-Präsident Barack Obama hatte sich im Vorfeld der Gespräche in Genf hoffnungsvoll gezeigt, dass diese zu einem konkreten Ergebnis führen. Kerry werde in den kommenden Tagen "sehr hart" an einer diplomatischen Lösung arbeiten, sagte er in Washington.

Der syrische Machthaber Baschar al-Assad stellte im russischen Fernsehen Bedingungen an die Regierung in Washington: Wenn die USA ihre "Politik der Drohungen" und ihre Angriffsbestrebungen einstellten, sei Syrien auch bereit, den eingeschlagenen Prozess mitzugehen. Washington müsse außerdem damit aufhören, die syrischen Aufständischen mit Waffen zu beliefern.

Die Washington Post hatte berichtet, dass der US-Geheimdienst CIA mit der Lieferung leichter Waffen, Munition sowie Kommunikations- und medizinischer Ausrüstung an die syrischen Rebellen begonnen habe. Die ersten Lieferungen seien in den vergangenen zwei Wochen nach Syrien gelangt. Auch US-Außenminister John Kerry hatte in einem Online-Videointerview am Dienstag angedeutet, dass die Rebellen nun Waffen erhielten. Diese haben die Berichte hingegen bestritten. "Wir warteten und warten immer noch darauf, Waffen und Munition zu erhalten", sagte der Generalstabschef der Freien Syrischen Armee (FSA), Salim Idriss, dem US-Radiosender NPR am Donnerstag.

Syrische Opposition befürchtet Finte Assads

Die Freie Syrische Armee betonte in einer Videoerklärung, dass die Weltmächte sich nicht darauf beschränken dürften, das Chemiewaffenarsenal zu beseitigen. Die Verantwortlichen des Giftgasangriffs gehörten vielmehr vor den Internationalen Strafgerichtshof. Wie die oppositionelle Syrische Nationale Koalition geht zudem auch der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan von einer Finte Assads aus, "um Zeit zu schinden und neue Massaker zu verüben".

Der UN-Inspektorenbericht zu dem mutmaßlichen Giftgaseinsatz im August nahe Damaskus wird nach den Worten des französischen Außenministers Laurent Fabius wahrscheinlich am Montag veröffentlicht. Wie viele andere Staaten macht auch Frankreich die syrische Führung für den Einsatz der Chemiewaffen verantwortlich. Fabius selbst will nach Angaben des französischen Außenministeriums am Sonntag nach China reisen, um dort mit seinem Kollegen Wang Yi über Syrien zu sprechen. China blockierte mit Russland bereits mehrfach entschiedene Reaktionen auf den syrischen Bürgerkrieg.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1769691
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/AFP/dpa/sks
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.