Süddeutsche Zeitung

Angela Merkel und die Steuersenkung:Allein gegen alle

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Die überwältigende Mehrheit der Experten warnt vor Steuersenkungen. Doch Kanzlerin Merkel ist stolz darauf, gegen den Strom zu schwimmen. Doch der Strom könnte stärker sein.

Nico Fried

Neun Tage vor der Bundestagswahl hat Angela Merkel einen Satz gesagt, den hervorzuholen sich dieser Tage lohnt. Die Kanzlerin referierte damals über das Problem, trotz Staatsverschuldung in Rekordhöhe Steuersenkungen in Aussicht zu stellen. Und sie verwarf all die Mahnungen von Experten und des politischen Gegners.

"Ich bin schon öfter in meinem Leben azyklisch und gegen den Strom vorgegangen", sagte Merkel damals mit Stolz in der Stimme. Und genau in einer solchen Situation ist sie nun auch tatsächlich wieder angekommen.

Zu all den Sachverständigen, die weitere Steuersenkungen als unbezahlbar ablehnen, hat sich am Dienstag auch der Präsident des Bundesrechnungshofes gesellt. Er hat die großen Pläne zugunsten aller Steuerzahler genau so kritisiert wie die kleinen Geschenke, die CSU und FDP den Hoteliers geben wollen.

Azyklisch gegen den Strom

Um die Schuldenbremse des Grundgesetzes einzuhalten, müsse man eher für zusätzliche Steuereinnahmen sorgen, als den Haushalt noch weiter zu belasten. Der Strom, gegen den Merkel vorgehen muss, wird heftiger. Und an ihrer Seite hat sie nur Guido Westerwelle und Horst Seehofer.

Für eine Kanzlerin, der gerne vorgeworfen wird, sie führe nicht, ist es ein schönes Bild, allein gegen fast alle zu stehen. Gleichwohl ist es keine Garantie, dass auch vernünftige Politik entsteht.

Und die Zweifler sind der Kanzlerin ja durchaus nahe: Wer erlebt, wie hart Merkel derzeit mit den eigenen Ministerpräsidenten um die Zustimmung für erste Entlastungen kämpfen muss, der kann sich schwer vorstellen, wie das in einem Jahr gehen soll, wenn es um weitaus größere Summen gehen wird. Womöglich verliert dann sogar Angela Merkel mal ganz azyklisch gegen den Strom.

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SZ vom 09.12.2009/sukl
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