Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Paritätsgesetz

Parlamente zu gleichen Teilen mit Männern und Frauen zu besetzen, ist juristisch heikel.

Von Joachim Käppner

Gleichberechtigung für Frauen lässt in vielen deutschen Parlamenten auf sich warten. Im Deutschen Bundestag liegt der Anteil weiblicher Abgeordneter bei 30,7 Prozent, dem niedrigsten Wert seit 1998. Die Grünen besetzen ihre Listenplätze paritätisch, die anderen großen Parteien nicht. Eine derzeit diskutierte Lösung wäre es, die Parität gesetzlich vorzuschreiben: Demnach wären die Wahllisten für die Parlamente zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern zu besetzen. Dies haben die Landesregierungen in Brandenburg und Thüringen 2019 beschlossen. Die Mehrzahl der Juristen sieht darin eine unzulässige Vorgabe, welche die Freiheit der Wahl einschränke. Nach Artikel 38, Absatz 1 des Grundgesetzes sind Wahlen allgemein, frei, gleich, unmittelbar und geheim. Zur Wahlfreiheit gehört aber das freie Wahlvorschlagsrecht. Staatliche Eingriffe verstoßen, so die Kritik, gegen dieses Grundprinzip der parlamentarischen Demokratie, selbst wenn sie von besten Absichten getragen sind. Befürworter berufen sich dagegen darauf, dass das Grundgesetz in Artikel 3, Absatz 2 den Staat verpflichte, gegen Ungleichheit vorzugehen. In Thüringen klagen AfD und FDP gegen die Quotierung - Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) will das Paritätsgesetz seines Landes daher für die Neuwahlen 2021 vorsichtshalber außer Kraft setzen.

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SZ vom 09.03.2020
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