Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Massenpanik

Über einen Begriff, der oft missverständlich gebraucht wird.

Von Christian Weber

Schnell ist die Rede von einer Massenpanik, wenn viele Menschen auf engem Raum sich gegenseitig niedertrampeln, so wie am Montag bei den Trauerfeierlichkeiten für General Qassim Soleimani. Dabei halten viele Psychologen den Begriff für missverständlich, manche lehnen ihn ganz ab. Denn der Begriff Panik impliziert, dass hysterische Menschen sich gegenseitig mit ihren irrationalen Emotionen anstecken und erst so das Unglück verursachen. Tatsächlich werden solche Vorfälle nur selten beobachtet, die meisten Menschen verhalten sich selbst in Notfallsituationen wie bei Bränden oder Anschlägen erstaunlich vernünftig und kooperativ. In Panik geraten sie eher, wenn sie selbst bereits realen, lebensbedrohlichen, physikalischen Kräften ausgesetzt sind. Das ist etwa der Fall, wenn in einer Flaschenhals-Situation Menschenmassen nachdrängen, keinerlei Bewegungsfreiheit bleibt und sich die Kräfte von Körper zu Körper summieren. Es entstehen dann erdbebenartige Wellen, die nicht mehr zu kontrollieren sind und sogar Mauern zum Einsturz bringen können. Vorbeugen lässt sich solchen Katastrophen nach Ansicht von Experten am ehesten durch bauliche Maßnahmen, eine eindeutige Beschilderung und eine deutliche Kommunikation, die Gefahren klar benennt und Handlungsanweisungen gibt.

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Quelle:
SZ vom 08.01.2020
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