Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Kriegswirtschaft

Politiker bemühen immer wieder die Analogie zum Krieg.

Von Josef Kelnberger

Man befinde sich im Krieg, sagt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, auch in anderen Ländern bemühen Politiker in der Corona-Krise die Analogie zum Krieg - häufig, um die Einschränkung von Freiheitsrechten zu rechtfertigen. Reint Gropp, ein deutscher Ökonom, spricht von "einer Art Kriegswirtschaft", wenn er die Hilfsmaßnahmen des deutschen Staates für die Unternehmen kommentiert. Der Begriff Kriegswirtschaft beschreibt staatliche Anordnungen mit dem Ziel, die Volkswirtschaft an die Erfordernisse eines Krieges anzupassen. Darunter fällt die Versorgung mit Lebensmitteln und Medizin, vor allem aber die Produktion von Waffen, Munition und jeglicher militärischer Ausrüstung. Inwieweit der deutsche Staat jenseits des Verteidigungsfalls in die Produktion von Unternehmen eingreifen kann, ist rechtlich nicht eindeutig. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder appelliert nun an die Unternehmen, im großen Stil Schutzmasken herzustellen und spricht von "nationaler Notfallproduktion". Ein gesetzliches Mittel der Kriegswirtschaft stand US-Präsident Donald Trump zur Verfügung, als er Autohersteller General Motors verpflichtete, Beatmungsgeräte zu produzieren: Der Defense Production Act wurde 1950 verabschiedet, während des Koreakriegs. Trump nennt sich selbst jetzt "eine Art Kriegspräsident".

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Quelle:
SZ vom 01.04.2020
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