Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Kampfpreis-Steuer

Im Erfinden von Steuern waren Politiker schon immer ideenreich. Doch die Abgabe auf billige Flugtickets hat es schwer.

Von Hendrik Munsberg

Woran erkennt man den modernen Staat? Er erfindet neue Steuern oder verleiht alten Abgaben höheren Sinn. Seit Langem gibt das Bundesfinanzministerium die Broschüre "Steuern von A bis Z" heraus - von "Abgeltungsteuer" bis "Zwischenerzeugnissteuer". Als frischer Beleg für Erfindergeist plus Beharrungskraft steht dort der "Solidaritätszuschlag", den CDU-Kanzler Helmut Kohl einst ersann und den nun ausgerechnet die SPD nicht sterben lassen mag. Legitimatorisch ist der Soli aber von gestern, sein Hauptzweck heißt: kassieren. Moderne Steuern erfüllen einen Erziehungsauftrag. Die wohl älteste pädagogische Abgabe galt dem Tabak. Nachdem Bayern 1652 mit einem Verbot gescheitert war, führte Preußen 1819 eine Gewichtssteuer auf Tabakblätter ein, der fiskalische Ertrag war dabei keineswegs lästig. Heute wird die Tabaksteuer gern damit gerechtfertigt, Raucher vor sich selbst zu schützen, jedenfalls ein bisschen. Den Kanon moderner Sündensteuern ergänzen Zucker-, Kaffee- und Biersteuer. Nun wagt auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt eine fiskalische Pioniertat. Er will eine "Kampfpreis-Steuer" - als Strafe für Klimafrevler, die Flugtickets unter 50 Euro offerieren. Müssen die "Steuern von A bis Z" umgeschrieben werden? Eher nicht, selbst in der CSU-Spitze findet die Idee keine Gnade.

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Quelle:
SZ vom 31.08.2019
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