Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Hochburg

Die SPD hatte bis vor Kurzem eine in Nürnberg, aber was heißt das schon?

Von Joachim Käppner

Dieses Land ist voller Hochburgen: jenen des närrischen Frohsinns zum Beispiel (wo derselbe dieses Jahr vielleicht böse Folgen nach sich zog) oder, um vom Frohsinn fortzukommen, jenen der SPD. Die alte Arbeiterstadt Nürnberg wird künftig von einem CSU-Oberbürgermeister geführt. Schon erklingen die Abgesänge auf eine weitere gefallene Hochburg der Sozialdemokratie. Freilich erscheint die Terminologie etwas unscharf. Der Burgenkundler spricht nämlich eher von der Höhenburg, auch wenn Forschungen der Wartburg-Gesellschaft ergeben, dass "Die Burg in der Ebene" ebenso häufig zu finden ist. Wo es aber ging, baute man im Mittelalter, der Hochzeit des Burgenbaus, befestigte Wohnsitze und militärische Stützpunkte so weit oben, dass sie schwer oder gar nicht einzunehmen waren. Die Wissenschaft unterscheidet im Höhenburgwesen unter anderem zwischen der Gipfelburg, der Spornburg (hockt auf einem Felssporn) oder der Kammburg (... auf einem Kamm). Durch Gräben, Zugbrücken und Vorburgen sicherten die Erbauer die Feste zusätzlich ab. Gegen den Zahn der Zeit half das selten, dafür betrachten romantische Gemüter die Überreste gern mit Melancholie: "Die Ruine lässt erschauern, Nebel mehrt das Angstgefühl" - nein, diese Verse beziehen sich nicht auf Nürnbergs SPD.

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SZ vom 31.03.2020
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