Süddeutsche Zeitung

Afghanistan:Deutsche in Kabul getötet

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Beim Überfall auf das Gästehaus einer Hilfsorganisation in der afghanischen Hauptstadt wird eine Deutsche getötet.

Unbekannte Bewaffnete haben bei einem Überfall auf ein Gästehaus in der afghanischen Hauptstadt Kabul eine Deutsche getötet. Außerdem sei ein Wachmann ermordet worden, sagte ein Sprecher des afghanischen Innenministeriums der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag. "Eine finnische Frau wurde entführt", fügte er hinzu. Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte, dass die in Kabul getötete Frau deutsche Staatsbürgerin ist. Das Gästehaus wird von der schwedischen Hilfsorganisation Operation Mercy betrieben. Dort wurde eine Krisensitzung einberufen, wie deren Leiter Scott Breslin der schwedischen Nachrichtenagentur TT mitteilte.

Aus Sicherheitskreisen in Kabul verlautete, die Männer seien am Samstag gegen um 23.30 Uhr in das Haus eingedrungen. Die genauen Hintergründe waren zunächst unklar. Sicherheitsanalysten halten zwei Szenarien für denkbar. Zum einen könnte der Überfall das Werk der immer aktiveren Kidnapping-Mafia von Kabul sein. Zum anderen könnte es sich um einen gezielten Angriff auf die NGO als christliche Organisation handeln. Solche glaubensbasierten Angriffe sind aber eher selten. Zuletzt hatten die Taliban 2014 das Gästehaus einer Organisation angegriffen, die sie für Missionare hielten.

Bei Angriffen von Extremisten im Süden des Landes kommen 20 Menschen ums Leben

Die Sicherheitssituation in Afghanistan hat sich seit dem Abzug der meisten internationalen Truppen 2014 stark verschlechtert. Ausländische Organisationen haben deshalb ihre Sicherheitsmaßnahmen massiv verstärkt. Die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hatte im Mai erklärt, ihre Büros im Zentrum von Kabul aufzugeben. Im Sommer will sie in ein schwer gesichertes Lager am Stadtrand ziehen. Die GIZ schließt damit sechs ihrer sieben Büro- und Wohngelände, die sie in den vergangenen Jahren - als Reaktion auf das Erstarken der Taliban - teils für Hunderttausende Euro mit Sprengschutzwänden und Stahlschleusen gesichert hatte. Das deutsche Generalkonsulat in Masar-i-Scharif war schon im Winter nach einem Angriff der Taliban in ein Militärlager umgezogen. Trotz der Sicherheitslage hält die Bundesregierung an ihrer Position fest, dass es in Afghanistan sichere Gebiete gebe, in die abgelehnte Asylbewerber abgeschoben werden können.

Bei Angriffen von Extremisten auf mehrere Kontrollposten im Süden Afghanistans kamen am Wochenende mindestens 20 Sicherheitskräfte ums Leben. Gul Islam Sejal, ein Sprecher des Gouverneurs in der Provinz Sabul, machte die Taliban für die koordinierten Attacken verantwortlich.

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SZ vom 22.05.2017 / SZ
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