Süddeutsche Zeitung

Ägypten:Rollende Bombe

Lesezeit: 1 min

Zuerst war von einem Geisterfahrer die Rede: Doch dann stellte sich heraus, dass der Fahrer, der vor einem Kairoer Krankenhaus mit anderen Autos zusammenprallte, Sprengstoff an Bord hatte. Mindestens 20 Menschen kamen um.

Von Paul-Anton Krüger, München

Die Explosion eines Autos in der Innenstadt von Kairo, bei der in der Nacht zum Montag 20 Menschen getötet wurden, hat laut dem ägyptischen Innenministerium einen terroristischen Hintergrund. In dem Auto sei ein Sprengsatz verborgen gewesen, mit dem an einem anderen Ort ein Anschlag begangen werden sollte, teilte die Regierung mit. Sie machte die Hasm-Bewegung verantwortlich, eine militante islamistische Gruppe, die in Ägypten und einigen anderen Ländern als terroristisch eingestuft ist und erstmals im 2016 in Erscheinung getreten war. Laut der Regierung ist sie mit der Muslimbruderschaft verbunden, die in Ägypten ebenfalls als terroristisch verboten ist. Präsident Abdelfattah al-Sisi sprach den Angehörigen und Verletzen sein Beileid aus und kündigte an, den Terrorismus auszurotten.

Das Auto, vor einigen Monaten als gestohlen gemeldet, war in der Nacht zum Sonntag mit hoher Geschwindigkeit gegen die Fahrtrichtung eine zweispurigen Straße am Ufer des Nils entlang gefahren. Es stieß mit drei Fahrzeugen zusammen und explodierte dann vor den National Cancer Institute, der wichtigsten onkologischen Klinik des Landes. 20 Menschen kamen dabei ums Leben, 47 Menschen wurden verletzt. Die Kollision habe zur Detonation des Sprengsatzes geführt, teilte das Innenministerium mit. Die Fassade der Klinik wurde beschädigt, 30 Patienten mussten in andere Krankenhäuser verlegt werden.

In der Vergangenheit hat Hasm eine Reihe von Anschlägen gegen Repräsentanten des ägyptischen Staates verübt. Die Sicherheitsbehörden gehen immer wieder massiv gegen mutmaßliche Mitglieder der Gruppe vor. So wurden nach Angaben des Innenministeriums bei zwei Polizeieinsätzen im Großraum Kairo im Mai insgesamt zwölf Hasm-Mitglieder bei Schusswechseln getötet; in den Verstecken seien automatische Waffen, improvisierte Bomben und Sprengstoff sichergestellt worden. Zugleich kämpft die Regierung seit Jahren im Norden der Sinai-Halbinsel gegen einen Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat.

Im Mai hatten Terroristen in der Nähe der Pyramiden einen Touristenbus angesprengt; 17 Menschen wurden damals verletzt, die meisten Besucher aus Südafrika.

Im Dezember waren drei Touristen aus Vietnam und ein ägyptischer Reiseleiter bei einer ähnlichen Attacke getötet worden. In der Nähe des beschädigten Krankenhauses befinden sich mehrere Regierungsgebäude, darunter das Justizministerium und das Büro des Premierministers, sowie ausländische Botschaften. Die Fluggesellschaft British Airways hatte jüngst ihre Flüge nach Kairo wegen Sicherheitsbedenken eine Woche lang ausgesetzt. Lufthansa nahm die Verbindungen nach einem Tag wieder auf.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4554045
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 06.08.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.