Süddeutsche Zeitung

Abschlussbericht zu Malaysia Airlines:MH17 von Buk-Rakete abgeschossen

Lesezeit: 2 min

Buk-Rakete detonierte in der Nähe des Cockpits

Das im Juli 2014 über der Ostukraine abgestürzte Flugzeug der Malaysia Airlines wurde von einem Lenkflugkörper mit Gefechtssprengkopf aus einer Buk-Batterie abgeschossen. Zu diesem Ergebnis kommen die Gutachter des niederländischen Untersuchungsrats für Sicherheit (Onderzoeksraad voor Veiligheid) in ihrem Abschlussbericht. Er wurde heute in Gilze en Rijen vorgestellt.

Die Rakete detonierte demnach in unmittelbarer Nähe des Cockpits. Mehrere Hundert Kleinteile durchschlugen das Cockpit, das deshalb vom Rest des Flugzeugkörpers abbrach. Die Ermittler präsentierten auch einen Nachbau des Vorderteils der Maschine, der aus Wrackteilen von der Absturzstelle zusammengefügt wurde. In Animationen rekonstruierten sie die Flugroute, die Detonation und weitere Details.

Die Gutachter kamen außerdem zu dem Schluss, dass die Ukraine den Luftraum über der umkämpften Region hätte sperren müssen. In den Wochen vor dem Unglück seien mehrere militärische Flugzeuge und Hubschrauber abgeschossen worden.

Innerhalb weniger Sekunden bewusstlos

Besonders wichtig für die Angehörigen war dieses Untersuchungsergebnis: Die Passagiere von Flug MH17 waren wohl so schnell bewusstlos, dass sie vom Absturz selbst wenig mitbekommen haben. Das sagten Angehörige der Opfer niederländischen Reportern in Den Haag. Sie hatten vor der offiziellen Präsentation Einblick in die Ergebnisse des Untersuchungsberichts bekommen.

"Durch den enormen Luftdruck brach das Cockpit auseinander", sagte ein Mann dem niederländischen Fernsehen. "Die Passagiere hatten kaum eine Chance, das zu erleben." Innerhalb "weniger Sekunden" hätten sie das Bewusstsein verloren, sagte ein weiterer Mann dem Fernsehen.

Im offiziellen Bericht heißt es allerdings: "Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass einige Passagiere während des eineinhalb Minuten dauernden Absturzes für einige Zeit bei Bewusstsein blieben." Es sei jedoch höchst unwahrscheinlich, dass sie verstanden, was passierte. Es gebe keine Anzeichen für bewusste Handlungen, etwa unabgeschickte Nachrichten auf Mobiltelefonen.

Unmittelbar tödlich sei der Abschuss jedoch nur für die Crew-Mitglieder im Cockpit gewesen.

Die Schuldfrage klärt der Bericht nicht

Darüber, von wo genau und von wem die Rakete abgefeuert wurde, machte das Gremium keine Aussage. Der Abschussort liege in einem 320 Quadratkilometer großen Gebiet im Osten der Ukraine. Die Schuldfrage müssten andere klären, hieß es sinngemäß. In den Niederlanden läuft auch eine juristische Untersuchung des Abschusses. Der Staatsanwalt will bis Ende 2015 den oder die Verdächtigen nennen.

Der Westen und Kiew machen prorussische Separatisten für den Abschuss verantwortlich, die in der Gegend gegen ukrainische Regierungstruppen kämpfen. Moskau wies dies stets zurück und gab den ukrainischen Truppen die Schuld.

Diese Version stützt der russische Hersteller der Buk-Raketen. In Moskau stellte heute der Waffenkonzern Almas-Antej einen eigenen Bericht zu dem Unglück vor. Der Chef des Unternehmens, Jan Nowikow, sagte in einer Pressekonferenz, das Flugzeug sei von ukrainisch kontrolliertem Gebiet aus abgeschossen worden. Die Nachrichtenagentur Interfax zitierte ihn mit den Worten, ein Test habe frühere Erkenntnisse des Unternehmens bestätigt. Bereits im Sommer hatte Almas-Antej angegeben, Raketen dieses Typs würden seit 1999 nicht mehr hergestellt. Die ukrainischen Streitkräfte hätten aber noch Boden-Luft-Raketen des Typs in ihren Beständen.

Die Maschine der Malaysia Airlines war am 17. Juli 2014 mit 298 Menschen an Bord auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur in der Ostukraine abgestürzt. Alle Insassen kamen ums Leben. Die meisten von ihnen waren Niederländer, vier kamen aus Deutschland.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2689680
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/ewid
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.