Süddeutsche Zeitung

60 Jahre BRD:Versöhnliche Gesten und blutiger Terror

Lesezeit: 1 min

Von Willy Brandts Kniefall bis zum RAF-Terror und einem Kanzlerkandidaten aus Bayern: Die siebziger Jahre sind das politische Jahrzehnt der Bundesrepublik.

Gökalp Babayigit

Eine Geste, die um die Welt ging: Der Kniefall von Bundeskanzler Willy Brandt in Warschau vor dem Mahnmal zum Gedenken des Ghetto-Aufstandes gehört zu den berühmten Motiven in der Geschichte der Bundesrepublik.

Brandt, der für seine heftig debattierte Ostpolitik den Friedensnobelpreis erhält, leitet das vermutlich politischste Jahrzehnt Deutschlands sein.

Die siebziger Jahre bringen nicht nur eine Annäherung an die DDR und die höchste jemals gemessene Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen, sondern auch das Ende des Wirtschaftswunders - und blutigen Terror in Form der Roten Armee Fraktion (RAF).

Der Deutsche Herbst 1977, als die RAF zahlreiche linksextremistisch motivierte Anschläge verübt und prominente Persönlichkeiten kidnappt, zählt zu den schwierigsten Prüfungen der jungen Demokratie und der Regierung von Kanzler Helmut Schmidt.

Gegen den Kapitalismus, gegen den Staat, gegen das System: Die Rote Armee Fraktion, gegründet 1970 von Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof, Horst Mahler und anderen, prägt mit ihrem Terror das Bild der siebziger Jahre.

Mehr als 30 Menschen fallen dem bewaffneten Kampf der Extremistengruppe zum Opfer. Den Höhepunkt erreicht der Terror im Jahr 1977.

Die "zweite Generation" der RAF verübt Anschläge auf Funktionsträger wie Generalbundesanwalt Siegfried Buback oder auf den Vorstandssprecher der Dresdner Bank, Jürgen Ponto - und beherrschen die Schlagzeilen mit spektakulären Entführungen wie die von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer.

Baader, Ensslin, Mohnhaupt, Klar: Die Namen der RAF-Mitglieder sind fest verankert im Gedächtnis der Bundesrepublik. Vor allem im vergangenen Jahr wurde der linksextremistischen Terrortruppe medial wieder viel Aufmerksamkeit zuteil.

Zum einen lag das am Kinofilm "Der Baader-Meinhof-Komplex", zum anderen an der politischen Diskussion um die Entlassung des inhaftierten Ex-RAF-Terroristen Christian Klar.

Das ehemalige Mitglied der "zweiten Generation" war mitverantwortlich für die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer. 1985 hatte Klar eine lebenslange Haftstrafe erhalten wegen gemeinschaftlich verübten Mordes an Schleyer, Buback und Ponto sowie deren Begleitern.

Nach 26 Jahren Gefängnis kam er am 19. Dezember 2008 frei. Wenige Monate zuvor hatte Bundespräsident Köhler noch ein Gnadengesuch abgelehnt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.395901
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/gba
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.