Süddeutsche Zeitung

Würdenträger:Der Fall Helmut Schmidt

Der einstige Kanzler Helmut Schmidt gilt als integer? Nun, ein Politiker aus Hannover will seine Vita prüfen lassen.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Andernorts kam die Hommage nach dem Tod von Helmut Schmidt im November 2015 schnell voran: Das Hamburger Pressehaus, in dem die Zeit untergebracht ist, erhielt rasch den Namen des ehemaligen Bundeskanzlers, bald soll der Flughafen seiner Heimatstadt folgen. Im ebenfalls ziemlich sozialdemokratischen Hannover wird hingegen seit Tagen darüber gestritten, ob und wann eine Straße nach Helmut Schmidt benannt werden darf. Zwar hat die dortige SPD einen Antrag gestellt, dies zu tun, allerdings soll zuvor die Biografie des Geehrten durchleuchtet werden. Der Bezirksbürgermeister Lothar Pollähne hatte angeregt, Schmidts Vergangenheit als Offizier der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg zu untersuchen, was für einige Empörung sorgte. So dürfe man nicht mit Helmut Schmidt umgehen, berichtete Gerhard Schröder, ein weiterer ehemaliger SPD-Bundeskanzler, der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. "Für mich gibt es keinen Anlass, an der Integrität dieses großen Staatsmannes zu zweifeln." Helmut Schmidt sei zweifellos "ein großer Sozialdemokrat und Staatsmann", erläuterte Hannovers SPD-Chef Alptekin Kirci im NDR. Es sei aber normal, vor einer Straßenbenennung die jeweilige Person zu prüfen; da gebe es keine Ausnahmen. Auch die städtische SPD-Fraktionsvorsitzende Christine Kastning hält eine Inspektion von Schmidts Vita für "politisch sinnvoll". An diesem Dienstag will Hannovers SPD den Fall Helmut Schmidt besprechen.

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SZ vom 06.06.2016
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