Süddeutsche Zeitung

Vergewaltigungsprozess:Missbrauchsurteil empört Spanien

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Das milde Urteil in einem Aufsehen erregenden Prozess um eine Gruppenvergewaltigung hat in Spanien eine Welle der Empörung ausgelöst. Fünf angeklagte Männer waren am Donnerstag im Landgericht von Navarra in Pamplona nur wegen wiederholten sexuellen Missbrauchs einer 18-Jährigen zu jeweils neun Jahren Haft verurteilt worden. Die Richter sahen den Tatbestand der Vergewaltigung nicht gegeben, weil es "weder Schläge noch Drohungen" gegeben habe. Einer der drei Richter sprach sich sogar für Freispruch aus, wurde aber überstimmt. Die Anwälte beider Seiten kündigten Berufung an, die Staatsanwaltschaft hatte die Angeklagten des gewaltsamen sexuellen Übergriffs beschuldigt und Haftstrafen von jeweils knapp 23 Jahren gefordert.

Im Juli 2016 hatten die fünf Männer die junge Frau, die sie kurz zuvor bei den Feiern am Rande der Stiertreiben von Pamplona kennengelernt hatten, nach Mitternacht in einen dunklen Hausflur gedrängt. Sie filmten anschließend, wie sie sich an der jungen Frau vergingen und teilten über Whatsapp die Aufnahmen auch mit anderen. Die Gruppe, die sich "La Manada" (das Rudel) nannte, brüstete sich mit der Tat. Die Männer beteuerten, die auf den Aufnahmen passive junge Frau habe entgegen ihrer Aussage freiwillig mitgemacht.

Mitglieder der Regierung kritisieren das Urteil

Nach Bekanntgabe des Urteils gingen am Donnerstagabend in vielen Städten des Landes Tausende auf die Straße, um ihren Ärger Luft zu machen. Frauen skandierten: "Wenn man uns nicht tötet, glaubt man uns nicht!" Barcelonas linksgerichtete Bürgermeisterin Ada Colau war unter etwa 6000 Demonstranten in der katalanischen Hauptstadt. "Das Urteil spiegelt den Machismo in unserer Gesellschaft wider", klagte sie.

Am Freitag kritisierten erstmals auch Mitglieder der Zentralregierung die Entscheidung des Gerichts. Es sei an der Zeit zu überlegen, ob man die Definition von Vergewaltigung im Strafgesetzbuch nicht ändern müsse, sagte Maria Dolores de Cospedal, Verteidigungsministerin und Generalsekretärin der Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy.

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