Süddeutsche Zeitung

Unglücksflug AF 447:Hinterbliebene trauern und klagen

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Vor einem Jahr fanden die 228 Passagiere des Flugs AF447 im Atlantik den Tod. Die Angehörigen gedachten der Opfer - und erheben schwere Vorwürfe.

Ein Jahr nach dem mysteriösen Absturz einer Air-France-Maschine über dem Atlantik sind rund 1100 Hinterbliebene in Paris zu einer privaten Trauerfeier zusammengekommen. Bei einer von der Fluggesellschaft organisierten Zeremonie versammelten sich die Angehörigen der Opfer zunächst im Bois de Vincennes, um der Toten zu gedenken. Auch ein Jahr nach dem Unglücksflug AF447 von Rio de Janeiro nach Paris bleiben die Absturzursachen rätselhaft, das Wrack des Airbus A330 verschollen. Nur 51 der 228 Opfer wurden nach dem Absturz am Pfingstmontag tot im Wasser entdeckt, von den 28 Deutschen im Flugzeug waren es sechs.

Am Nachmittag wurde auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise ein Denkmal für die Opfer enthüllt. Es ist identisch mit einer Gedenkstele, die in Rio de Janeiro an das Unglück erinnert; auf durchsichtigem Untergrund sind 228 Schwalben zu sehen. Eine Miniatur-Ausgabe der Stele konnte jeder Angehörige mit nach Hause nehmen. Frankreichs Regierung versicherte unterdessen, sie werde die Suche nach den Flugschreibern fortsetzen, um das Unglück aufzuklären. "Ich kann Ihnen garantieren, dass wir nicht aufgeben werden", sagte Frankreichs Verkehrsstaatssekretär Dominique Bussereau.

Während die deutsche Angehörige Barbara Crolow, deren Sohn bei dem Absturz starb, den nüchternen Rahmen der Veranstaltung kritisierte, hatten im Vorfeld der Gedenkfeier andere Hinterblieben der Fluggesellschaft und den Flugzeugbauer Airbus schwere Versäumnisse vorgeworfen. Die Probleme mit den Geschwindigkeitsmessern des Flugzeuges seien den Firmen bekannt gewesen, aber nicht beseitigt worden, erklärte die Angehörigen-Organisation Hiop AF447. Die Vereinigung kündigte auch an, den französischen Staat zu verklagen. Nach Angaben der französischen Ermittler war der Ausfall der Geschwindigkeitsmesser "ein Faktor" bei dem Unglück, aber nicht die alleinige Ursache.

Die Ursachen der Katastrophe fielen "zum großen Teil in die Verantwortung von Air France und Airbus, die von der französischen Regierung kontrolliert werden", sagte Hiop-Vertreter Winfried Schmidt, der seine 27-jährige Tochter bei dem Absturz verloren hat. Der Unfall hätte demnach vermieden werden können, wenn die Maschine vom Typ A330-200 ein Ersatzsystem zur Geschwindigkeitsmessung gehabt hätte. Air France habe aber anders als etwa die Lufthansa darauf verzichtet, dieses 300.000 Euro teure System einbauen zu lassen. Auch Airbus habe "die fehlende Verlässlichkeit der Geschwindigkeitssonden" gekannt. Obwohl es "mehrere dutzend" ähnliche Vorfälle in den vergangenen Jahren gegeben habe, sei "keine verändernde Maßnahme vorgenommen" worden.

Frankreich werfen die Hinterbliebenen vor, seine Aufsichtspflicht verletzt zu haben. Sie begründen das damit, dass eine EU-Richtlinie nicht umgesetzt worden sei, die eine Meldung von sicherheitsrelevanten Zwischenfällen an die europäische Luftfahrtaufsicht verlangt. "Die Klage ist fertig, wir werden sie spätestens im Juli in Frankreich einreichen", sagt der Berliner Luftverkehrsrechtsexperte Elmar Giemulla, der die deutschen Opferfamilien vertritt. Hiop-Vertreter Bernd Gans sagte, er habe die EU-Kommission zudem aufgefordert, gleichzeitig ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich anzustrengen.

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