Süddeutsche Zeitung

Umzugsunternehmer Klaus Zapf:"Die Probleme ziehen immer mit"

Lesezeit: 3 min

Erst bei Wulffs, dann bei Van der Vaarts: Wenn sich Promis trennen, steht bald der gelbe Möbelwagen vor der Tür. Umzugsunternehmer Klaus Zapf über berühmte Kunden, Diskretion, neoliberalen Quatsch und Dinkel-Roggen-Brot.

Von Martin Zips

SZ: Herr Zapf, wissen Sie, was uns aufgefallen ist? Immer, wenn ein Prominenter umzieht, steht ein Umzugswagen mit Ihrem Namen vor der Tür.

Zapf: Klar, diese Berliner Umzugsfirma habe ich gegründet, die Hälfte gehört mir immer noch. Deshalb steht auf den Transportern mein Name. Aber eigentlich bin ich schon seit Jahren nicht mehr aktiv. Nachdem auch meine zweite Ehe geschieden worden ist, arbeite ich als Hausfrau. Gerade backe ich mir ein Dinkel-Roggen-Brot.

Als die Wulffs von Berlin nach Großburgwedel gezogen sind, stand da: "Zapf". Bei der Trennung der van der Vaarts sah Bild wieder "Zapf" . . .

Die Leute mögen uns halt, weil sie wissen, dass wir die Klappe halten. So einfach ist das. Außerdem legen wir auf Ausbildung Wert und haben einen Betriebsrat. Das gibt es ja nicht häufig in dieser Branche.

Als Wulff aber von Großburgwedel nach Hannover zog, da stand da plötzlich ein anderes Umzugsunternehmen.

Kann sein. Jedenfalls sind vor uns Umzugsunternehmern wirklich alle Menschen gleich. Hoch und niedrig. Politiker und Sportler. Selbst die Leute von der Springer-Presse ziehen wir um.

Und? Was passiert da so?

Von mir erfahren Sie nichts. Ich erzähle Ihnen höchstens, dass wir mal irgendwo ein Klavier ins falsche Stockwerk geschleppt haben. Aber auch das ohne Namen.

Schade. Wird heutzutage, im Patchwork- und Scheidungszeitalter, denn öfter umgezogen als früher?

Das glaube ich nicht. Im Gegenteil. Die Leute heiraten weniger und ziehen auch nicht sofort zusammen. Oft fehlt es ihnen an Geld. Mit meinen 60 Jahren denke ich mir manchmal: Wieso gräbt man den Vermögenden nicht endlich mehr Schotter ab? Die Zeitungen schreiben auch nur noch neoliberalen Quatsch.

Sie wiederum haben als einer der größten Umzugsunternehmer Europas Millionen gemacht. Obwohl Sie noch nicht einmal einen Führerschein besitzen.

Geld macht nicht glücklich, der Illusion sollten Sie sich nicht hingeben. Und wenn Sie umziehen, so ziehen die Probleme immer mit. Aber, gut, ich besitze eine Bahncard erster Klasse. Die nutze ich beispielsweise so, dass ich mich am Bahnhof in das bessere Wartezimmer setze und dort kostenlos Zeitung lese. Da gibt es auch immer unbegrenzt Bouillon aus dem Automaten.

Wie sind Sie eigentlich Anfang der 70er-Jahre von Eppingen in Baden-Württemberg nach Berlin umgezogen?

Mit zwei Discounter-Plastiktüten. Da waren zwei, drei Unterhosen und ein paar Stullen drin. Auch zwei Paar Socken, die mir Mutter gestrickt hat. Mit meiner Mutter telefoniere ich noch heute jeden Samstag. Eine tolle Frau - sie hat meine drei Schwestern und mich ganz allein durchgebracht. Auf der Schule war ich damals das dritte Mal sitzengeblieben, hab auf dem Bau gearbeitet und ziemlich viel getrunken. Zur Armee wollte ich auf keinen Fall. Da habe ich mich nach West-Berlin verpisst. Hier hab ich auch den Rudi Dutschke kennengelernt, als wir gemeinsam Wahlkampf für die Alternative Liste gemacht haben. Ein bisschen Jura habe ich studiert. Ansonsten: Bau, Entrümpelung, Umzüge. Irgend so ein Filialleiter bei der Volksbank hat mir dann gesagt: "Zapf, du mit deiner linken Spinne - das kannst du alles knicken. Hier, lern' erst mal eine Bilanz lesen." So fing das alles an. Dann floss die Berlin-Förderung, dann kam der Hauptstadtumzug und das Geschäft lief. Privat bin ich seitdem nicht mehr umgezogen, sondern habe mir nur zusätzliche Wohnsitze geleistet.

Das Zusammenbauen von Umzugkartons ist Ihnen privat also völlig fremd?

Ich mag den alten Rucksack meines Großvaters, der liegt hier immer noch. Meinen ersten Rollkoffer habe ich mir erst später als Aktionär gekauft. Zum Transport mag ich eher das Sackartige. Aber ich häng' an nix. Früher zum Beispiel habe ich ständig meinen Lieblingskugelschreiber gesucht. Irgendwann stellte ich fest, dass man ohne Lieblingskugelschreiber besser lebt.

Wenn der junge Zapf jetzt den alten Zapf sehen würde, was würde er ihm sagen?

"Voll gescheitert", würde der sagen. "Moralisch und ideell total an die Wand gefahren." Das musste dir eingestehen. Andererseits: Das Leben ist ja noch nicht zu Ende. Und der letzte Umzug, das ist bei mir der Umzug auf den Eppinger Friedhof. Über den bin ich schon als Kind über den Haupteingang auf meinem Schulweg gegangen. Da kennt mich hoffentlich noch jeder.

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Quelle:
SZ vom 12.01.2013
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