Süddeutsche Zeitung

SZ-Kolumne "Bester Dinge":Aquaplaning auf dem Klo

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Eine fleischfressende Pflanze lässt ihre Beute auf ihrer glitschigen Oberfläche direkt in den Verdauungstrakt schlittern. Forscher nutzen diese Eigenschaft nun für eine Art Superreiniger auf Toiletten.

Von Violetta Simon

Die Natur bringt bekanntlich die besten Errungenschaften hervor - nehmen wir den Klettverschluss: Die geniale Alternative zum Schnürsenkel bei Kinderschuhen wäre uns wohl entgangen, wenn der Schweizer Ingenieur Georges de Mestral sich nicht bei jedem Spaziergang über die Samen der Klettfrucht im Fell seines Hundes geärgert hätte. Erst unterm Mikroskop entpuppten sich die vermeintlich klebrigen Dinger als winzige Häkchen, die sich hartnäckig in allem Weichen verfingen.

Einen ganz anderen Effekt entdeckte der deutsche Botaniker Wilhelm Barthlott Mitte der Siebzigerjahre an der Lotusblume, an deren wasserabweisender, wachsartiger Oberfläche nicht das Geringste hängen bleiben will. Den sogenannten Lotuseffekt nutzen Hersteller heute für schmutzabweisende Lacke, Fassadenfarbe und andere Beschichtungen.

Übertroffen wird diese selbstreinigende Eigenschaft nur von den schlüpfrigen Kannenpflanzen. Die stinkfaulen Fleischfresser locken Insekten und kleine Nager mit Nektarduft an den glitschigen Rand ihrer Blüte. Dort rutscht ihre Beute aus und plumpst geradewegs in den Trakt mit dem Verdauungssaft. Die Aquaplaning-Taktik haben Wissenschaftler der Pennsylvania State University nun zur Entwicklung eines Reinigers übernommen, der Wasser und Putzmittel spart. Der Auftrag: hygienische Toiletten in Entwicklungs- und Schwellenländern zu konzipieren, an deren Oberflächen auch ohne Spülung jeglicher Schmutz abperlt. Die aufgesprühte Beschichtung imitiert die glitschige Textur der Kannenpflanze, sodass Bakterien und Dreck keinen Halt finden.

Schon praktisch, alles Unerwünschte abgleiten zu lassen. Wenn das mit allem so einfach wäre - nervige Worte, zum Beispiel. Es gibt da eine Spezies, die das exzellent beherrscht, und die weder Flora noch Fauna zuzuordnen ist: Teenager verfügen über spezielle Ohren, an denen Ermahnungen abperlen, ja, sogar zum einen hinein und zum anderen hinauswandern. Unerhört.

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