Süddeutsche Zeitung

Til Schweiger:"Für eigene Meinungen gibt es hier sofort den Gegenwind"

Til Schweiger engagiert sich für Flüchtlinge. Für viele ein Grund, ihn anzufeinden. Ein Ortsbesuch in seinem neuen Projekt: der schönsten Kita für Flüchtlingskinder, die es in Deutschland gibt.

Von Johanna Adorján

Til Schweiger sagt, er könne auf seiner Facebookseite auch Katzenfotos posten und würde beschimpft werden, es sei im Grunde vollkommen egal, was er dort mache. Und weil das so ist, weil es egal ist, macht Til Schweiger auf seiner Facebookseite, was er will. Und nicht nur dort.

Til Schweiger, 52, ist einer der erfolgreichsten Schauspieler und Regisseure des Landes. Über sieben Millionen Menschen haben zum Beispiel seinen Kinofilm "Honig im Kopf" (2014) gesehen, in dem Dieter Hallervorden einen Mann spielt, der an Alzheimer erkrankt ist; bald soll es ein internationales Remake geben mit Michael Douglas in der Hauptrolle, Regie auch da: Til Schweiger. Weil Schweiger sich aber nicht in erster Linie über seinen Beruf identifiziert, sondern sich als Mensch versteht, der mit offenen Augen durchs Leben geht, äußert er sich in der Öffentlichkeit auch schon mal über Politik, gesellschaftliche Missstände oder was sonst so anliegt. Dafür erntet er immer wieder auch Spott und Häme.

Woran liegt das eigentlich? Ist es der viel zitierte deutsche Neid oder das noch deutschere Prinzip Schuster-bleib-bei-deinen-Leisten, das dafür sorgen soll, dass kein Nachbar jemals eine größere Garage hat als man selbst? Oder ist wieder mal das Internet schuld, mit seinen vielfältigen Möglichkeiten, endlich mal so richtig über andere herzuziehen, ohne dass dies für einen selbst irgendeine Konsequenz hat.

"Hier schwimmen schon die meisten mit dem Strom"

Til Schweiger glaubt, das es daran liegt, dass so etwas wie eine eigene, eigenständige Meinungen hierzulande nicht gern gesehen würde. "Das ist nicht nur in Deutschland so, aber hier schwimmen schon die meisten mit dem Strom", sagt er. "Und die mögen es nicht, wenn einer seine Meinung sagt und das tut, was er für richtig hält. Weil die spüren, dass sie selbst nicht so sind. Für eigene Meinungen gibt's hier sofort den Gegenwind."

Til Schweiger tut weiterhin, was er für richtig hält. Er spielt einen "Tatort"-Kommissar, obwohl viele forderten, er solle von diesem Job zurücktreten, nachdem er es gewagt hatte, den heiligen Vorspann zu kritisieren. Er sagt weiterhin, was er denkt. Und er gründete eine Stiftung, weil er es für so etwas wie eine Menschenpflicht hält, zu helfen. Mit ihrer Unterstützung wurde nun in Osnabrück ein Betreuungshaus für Flüchtlingskinder gebaut.

Wir haben es uns angesehen, mit dem Leiter gesprochen und mit Til Schweiger, der sagt: "Klar kann man sagen: je weniger ich mich mit den Problemen auf der Welt befasse, desto schöner ist mein Leben. Aber so bin ich halt nicht."

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