Süddeutsche Zeitung

Terrorgefahr:Erfinder lässt Mann mit Lkw auf Anti-Terror-Sperre zurasen

Lesezeit: 2 min

Von Juri Auel

Für die Beamten der Polizeiinspektion Northeim/Osterode in der Nähe von Göttingen hörte es sich zunächst nach einem routinemäßigen Einsatz an. "Schwer verletzte Person in Lkw", lautete die Meldung, die über die Notrufzentrale bei den Beamten einging. Doch das Szenario, das die Beamten dann vorfanden, war alles andere als alltäglich. Ein Unternehmer aus Uslar wollte eine neue Erfindung testen - und ging dabei offenbar höchst fahrlässig vor.

Bei dem zu testenden Produkt handelte es sich um eine sogenannte Anti-Terror-Sperre. So werden die Barrieren genannt, die nach den Terroranschlägen von Nizza und auf den Berliner Weihnachtsmarkt jetzt vermehrt eingesetzt werden. Aus diesem Grund werden die Hindernisse auch "Nizzasperren" genannt. Mit ihnen sollen öffentliche Plätze vor Anschlägen mit Fahrzeugen geschützt werden.

Um seine neu entwickelte Hürde zu testen, bat der Unternehmer einen Bekannten, sich auf einem asphaltierten Wirtschaftsweg hinter das Steuer eines alten Lkw zu setzen und auf die Absperrvorrichtung zuzufahren. Augenzeugen zufolge schlug das Gefährt mit Tempo 50 auf den Poller auf. Der Vorfall ist schon anderthalb Wochen her, wurde aber erst jetzt bekannt.

Wie die Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) berichtet, war die örtliche Feuerwehr zu der Übung eingeladen und konnte so den schwerverletzten Mann rasch aus dem Fahrzeug befreien. Die Retter hätten den Weg allerdings nicht im klassischen Sinne abgesperrt, sagte Torsten Bauer, Bürgermeister von Uslar, der Zeitung. Der Polizei zufolge war der Test nicht offiziell angemeldet.

Der Lkw war dem Bericht zufolge mit einem Überrollkäfig ausgestattet. Der 48-jährige Fahrer soll vorher bereits an sogenannten Stockcar-Rennen teilgenommen haben. Das sind Autorennen, bei denen Kollisionen der Fahrzeuge nicht unüblich sind. Er wurde nach dem Crashtest in eine Klinik geflogen. Nach Angaben der Polizei soll er bereits wieder entlassen worden sein.

Auf Videos ist zu sehen, dass die Sperre die Gestalt eines länglichen, dreizackigen Sternes hat. Einem Polizeisprecher zufolge soll die Absperrung eine Tonne wiegen und aus Metall sein. Seine Version der "Nizzasperre" soll der Erfinder zum Patent angemeldet haben. Der HNA sagte der Unternehmer, er verhandle gerade mit verschiedenen Firmen und Behörden wegen der Vermarktung seiner Erfindung. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung wollte sich der Mann nicht zu dem Vorfall äußern.

Die Staatsanwaltschaft Göttingen hat gegen ihn Ermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr eingeleitet.

Die Sperre hielt dem Aufprall des Lkws stand. Das Fahrzeug blieb mit schweren Schäden im Front- und Achsenbereich kurz nach dem Hindernis stehen - nachdem das Fahrerhaus mehrere Meter in die Luft katapultiert worden war.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3491698
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/jael
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.