Süddeutsche Zeitung

Stilkritik:Sekundenschlaf

Ist es schlimm, wenn ein Politiker sich einen Powernap gönnt? Überhaupt nicht, jedenfalls nicht, wenn er Brite ist und morgens früh um fünf in einem See badet.

Von Martin Zips

In den 61 Jahren seines leicht angegrauten Lebens hat der britische Unterhaus-Abgeordnete Sir Desmond Swayne schon viel erlebt. Theologie hat er studiert, als Lehrer und Manager gearbeitet. Swayne kämpfte im Irak-Krieg und stieg als Mitglied der konservativen Partei bis zum Parlamentarischen Privatsekretär von Premierminister Cameron auf. Ein tadelloser Tory, der lediglich einmal blöd auffiel, als er vom britischen Steuerzahler 6000 Pfund für die Küche seiner Zweitwohnung haben wollte. Hat er später brav zurückbezahlt. Nun ist Swayne wieder blöd aufgefallen, weil er während der Rede seines Parteikollegen Ken Clarke eingeschlafen ist. Und zwar direkt hinter ihm. Lag es daran, dass Clarke am elften Tag der EU-Debatte schon wieder gegen den Brexit argumentierte, wo man als Tory doch für den Brexit ist? "Peinlich" nannte sich Swayne anschließend selbst und entschuldigte sich: Er sei um fünf Uhr aufgestanden, um in einem See zu baden. Ach was. Sekundenschlaf geht voll in Ordnung. Gegen Europa zu sein und ausgerechnet im Januar in einem See zu baden - das ist total absurd.

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Quelle:
SZ vom 18.01.2018
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