Süddeutsche Zeitung

Stilkritik:Queenscreen

Wer als TV-Moderator sein Dasein vor Greenscreens oder Bluescreens fristet, ist jetzt sicher neidisch auf Elizabeth II. Die war gerade in der Royal Academy of Arts unterwegs.

Von Martin Zips

Wer heutzutage Schauspieler werden möchte, der sollte sich das gut überlegen. Agierte diese Berufsgruppe einst noch in herrlichen Landschaften vor eigens für sie gefertigten Kulissen, so muss sie heute vor riesigen grünen Wänden zum Beispiel so tun, als kämpfe sie gegen Monster (die man erst im späteren Film sehen kann). Auch TV-Moderatoren fristen ihr klägliches Dasein vor sogenannten Greenscreens oder Bluescreens, wo sie nur so tun, als könnten sie dem Interviewpartner direkt in die Augen blicken. Schlimm. Dank der britischen Königin haben wir nun ein neues optisches Verfahren kennengelernt: den oder die Queenscreen. Hierbei verschmilzt ein großartiges menschliches Kunstwerk mit anderen Kunstwerken, in diesem Fall die blutorange gekleidete Queen mit den blutorange getünchten Wänden der Londoner Royal Academy of Arts. Auf diese Weise wird die 91-jährige Elizabeth II. einmal mehr selbst zum Denkmal, und zwar zu einem, das noch ausgezeichnet in der Lage ist, dem deutschen Kurator Per Rumberg zu folgen. Dieser beherrscht die optische Verschmelzung zwar noch nicht ganz so gut. Aber klar, das kann noch werden.

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Quelle:
SZ vom 21.03.2018
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