Süddeutsche Zeitung

Stilkritik:Mit Waffen spielt man nicht

Erfrischende Idee: Die Berliner Polizei stellt einen Mini-Wasserwerfer zum Spielen bereit. Explosive Reaktion: Twitternutzer schießen scharf, vergessen aber die wichtigsten Rückfragen.

Von Johannes Boie

Der Ernst des Lebens kann erfrischend sein, dachte sich offenbar die Berliner Polizei und twitterte von ihrem Tag der offenen Tür ein Bild samt Beschreibung: "Der Miniwasserwerfer steht bei gutem Wetter für die Kids bereit." Viele friedliebende Twitternutzer sind gleich explodiert, denn mit Waffen spielt man nicht.

In dem ganzen Geschrei ging die wichtigste Rückfrage unter, die deshalb hier gestellt werden muss: Warum steht der Wasserwerfer nur bei gutem Wetter bereit? Was ist, wenn der kleine Fabian bei Regenwetter die Hausaufgaben nicht gemacht hat? Klar, wer beruflich Lkw mit Reizgastank und Hochdruck-Wasserkanone steuert, macht seinen Job nur ungern im Regen. Die Straßen sind rutschig und beim Ein- und Aussteigen wird man unweigerlich selbst nass.

Bei allem Verständnis aber für die Beamten der Berliner Polizei: Was tun, wenn die kleine Kathi die ganzen Süßigkeiten aufmampft und sie weder davon abgehalten noch adäquat bestraft werden kann, weil den Polizisten das Wetter nicht passt? Als Otto Schily noch Innenminister war, wären solche Nachlässigkeiten kaum passiert. Heute aber kann im Kindergarten offenbar jeder machen, was er will. Zumindest, solange es regnet.

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Quelle:
SZ vom 09.09.2014
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