Süddeutsche Zeitung

Stilkritik:Merkel-Pommes

Lesezeit: 1 min

So wächst Europa zusammen: In Brüssel entscheidet sich die Kanzlerin für eine belgisch-spanische Frittensoße.

Von Alexander Mühlauer

Dass Angela Merkel dem schnellen Imbiss nicht gerade abgeneigt ist, konnte man schon zu Zeiten beobachten, da hieß der Bundeskanzler Gerhard Schröder. Merkel ging damals gerne in die Berliner Wilhelmstraße und holte sich bei Ahmet Sahin einen Döner. Im Brüsseler Europaviertel gibt es keinen guten Döner. Und so machte sich Merkel am frühen Freitagabend auf und spazierte zur nächsten Frittenbude an der Place Jourdan. Sie muss jedenfalls richtig Hunger gehabt haben, denn so ein EU-Gipfel mit den Briten ist kein Spaß. Erst fiel das English Breakfast aus, dann auch noch das Mittagessen. Als es zur britischen Tea Time noch immer nichts Vernünftiges zu essen gab, verließ Merkel die Verhandlungen. Das konnte sie sich auch leisten, denn die Kanzlerin hatte, ungewöhnlich genug: Freizeit.

Während andere in kleinen Gruppen verhandelten, ging Merkel zur Pommesbude. Vom EU-Ratsgebäude sind das fünf Minuten zu Fuß. Und die lohnen sich: Bei "Maison Antoine" gibt es nämlich Fritten, die sind so gut, dass dort die Brüsseler mittags und nach Feierabend Schlange stehen. Die Kanzlerin hatte ihre eigene Schlange an Beamten hinter sich, als sie an der Friterie ankam und bestellte: eine Tüte Pommes mit Sauce (Selfie mit dem Frittenverkäufer inklusive). Nun gibt es bei Antoine 27 Saucen zur Auswahl. Die Kanzlerin soll Sauce Andalouse gewählt haben, eine spanisch-belgische Spezialität. Merkel reiht sich damit in eine lange Tradition von Politikern ein, die einen Sinn für Imbiss-Kultur haben. Schröder liebte Currywurst; und Barack Obama schaute schon des öfteren bei "Ben's Chili Bowl" in Washington vorbei. Nun weiß man: Merkel mag europäisches Fastfood. Na, wenn das mal kein Anlass zur Hoffnung ist.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2873545
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.02.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.