Süddeutsche Zeitung

Smog in China:Schmutziger Schleier

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Millionen Chinesen in der Stadt Harbin leben zurzeit im Dauernebel. Nachbarhäuser sind kaum zu erkennen, die Sichtweite auf den Straßen beträgt weniger als 50 Meter. Massenkarambolagen sind die Folge - und verärgerte Einwohner. Schuld soll ausgerechnet das städtische Heizungsnetz sein.

Eigentlich ist Harbin für sein Eis- und Schneeskulpturenfestival berühmt - nicht für Smog. Jetzt liegt die Stadt da wie in schmutzig graue Watte gepackt. Der dicke Smog hat das Leben in der chinesischen Millionenmetropole lahmgelegt und ein Verkehrschaos ausgelöst. Auf Bildern des Senders CCTV waren nur noch schemenhafte Formen und Farben der Metropole auszumachen, die unter schwarzen und grauen Rußwolken versank.

Die Sichtweite auf den Hauptstraßen der Stadt im Nordosten Chinas beträgt weniger als 50 Meter. Wie ein Verkehrspolizist der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua sagte, werden Autofahrer wegen der miserablen Sicht nicht einmal mehr dafür bestraft, wenn sie über rote Ampeln fahren. Sind ja auch schwer zu verfolgen, die Verstöße. Der Flughafen in Harbin wurde ebenso wie die Grundschulen geschlossen, Fernbusse stellten den Verkehr ein, Schnellstraßen wurden abgesperrt. Berichten zufolge kam es dennoch zu Massenkarambolagen auf den Straßen.

Messungen zufolge lag die Feinstaubbelastung in der Luft am Dienstag bei mehr als 800 Mikrogramm pro Kubikmeter, nachdem sie am Montag sogar auf 1000 Mikrogramm gestiegen war. Auch mit 800 Mikrogramm ist sie aber immer noch 30 Mal höher als von der Weltgesundheitsorganisation als hinnehmbar festgelegt. Der Luftqualitätsindex wurde weiterhin mit dem Maximum von 500 angegeben. Ohne Atemschutzmasken gehen die Einwohner Harbins nicht mehr aus dem Haus.

"Das ist apokalyptisch"

Nach Einschätzung der Zeitung Beijing Times dürfte das Smog-Chaos damit zusammenhängen, dass wegen des nahenden Winters das städtische Heizungsnetz angeschaltet wurde. Der massive Verbrauch von Kohle und der rasante Industrieaufstieg Chinas sorgen landesweit für Luftverschmutzung und Gesundheitsrisiken, verärgern aber auch zunehmend die Bevölkerung und bringen so die neue Staatsführung in Zugzwang.

Im Internet empörten sich zahlreiche Chinesen über den Smog. "Was für eine entsetzliche Situation. Das ist apokalyptisch", schrieb ein Nutzer im Kurznachrichtendienst Weibo. Ein anderer fühlte sich wie einem "Horrorfilm". tatsächlich sieht das da gerade ein wenig so aus wie in John Carpenters Schocker "The Fog".

Peking hatte im Juni ein Maßnahmenbündel erlassen, um Abhilfe zu schaffen. Dazu gehört, dass örtliche Regierungsvertreter nun persönlich für verbesserte Luftqualität verantwortlich gemacht werden. Vergangenen Monat wurde vom Kabinett zudem das Vorhaben verabschiedet, den Anteil von Kohle an der Energieerzeugung bis 2017 zumindest unter 65 Prozent zu drücken. 2011 lag er offiziellen Angaben zufolge bei 68,4 Prozent.

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