Süddeutsche Zeitung

Selfie-Aktion in Indien:Meine Tochter und ich

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Die meisten indischen Eltern hoffen darauf, dass ihr Nachwuchs männlich ist. Mitunter werden Mädchen illegal abgetrieben, als Neugeborene getötet, von ihren Eltern vernachlässigt und gesellschaftlich diskriminiert. In jüngerer Vergangenheit haben wiederholt Berichte über brutale Gruppenvergewaltigungen Schlagzeilen auch über Indien hinaus gemacht. Eine Selfie-Aktion will jetzt ein deutliches Zeichen setzen.

Haryana in Indien ist einer der Bundesstaaten mit der niedrigsten Geburtenrate von Mädchen im ganzen Land. Auf 1000 Jungen kommen hier gerade einmal 877 Mädchen. Sunil Jaglan, der Vorsteher des Dorfes Biwipur in Haryana, rief die Väter des Ortes dazu auf, ihm per WhatsApp Fotos von sich und ihren Töchtern zu schicken. Die schönsten Bilder wurden mit einer Gewinnsumme von 2100 Rupien geehrt, was einem Wert von etwa 30 Euro entspricht. Aus ganz Indien erhielt Jaglan insgesamt 794 Bilder, die Väter und auch Mütter mit ihren Töchtern zeigen und so deutlich machen, dass ihre Töchter für sie genau so wertvoll sind wie Söhne.

"Ein Geschenk Gottes"

Als Indiens Premierminister Narendra Modi von der Initiative hörte, trug er sie über das Radio weiter und rief Väter in ganz Indien dazu auf, sich über Twitter an der Fotoaktion zu beteiligen. Der Politiker setzt sich seit Beginn seiner Amtszeit verstärkt für die Mädchen und Frauen Indiens ein. Unter dem Hashtag #SelfieWithDaughter finden sich mittlerweile unzählige Bilder von stolzen Vätern und Müttern mit ihren Töchtern. Modi stärkt mit diesem Aufruf seine Kampagne "Beti bachao, Beti Padhao" ("Schütze die Tochter, bilde die Tochter"), die die niedrige Geburtenrate von Mädchen und deren Bildungschancen verbessern soll.

"Ich vergesse all meine Probleme, wenn ich meine Süße sehe", schreibt ein Vater unter das Bild mit seiner kleinen Tochter. "Mein besonderes Geschenk Gottes in meinem Selfie", ein anderer.

Die Aktion schlägt bereits so hohe Wellen, dass nicht nur Bilder aus Indien bei Twitter hochgeladen werden, sondern von Vätern aus der ganzen Welt. Sicher wird dieser Aufruf nicht alle bestehenden Probleme beseitigen können - aber vielleicht ein Stück weit dazu beitragen, Mädchen und Frauen in der indischen Gesellschaft stärker wertzuschätzen.

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