Schweiz:Warum in Appenzell Kinder jetzt rauchen dürfen
England verbietet Rauchen im Auto - den Kindern zuliebe. Die Schweizer lassen sogar Sechsjährige qualmen. Aus Traditionsgründen.
Von Charlotte Theile, Zürich
Für die Appenzeller ist es ein ganz normaler Anblick: Sechsjährige mit einem Zigarrenstumpen im Mund, Grundschülerinnen in Schweizer Tracht, die sich von einem Älteren Feuer geben lassen. Bei den Viehschauen, die in diesen Tagen überall im Appenzell stattfinden, hat sich eine Tradition gehalten, die heute völlig aus der Zeit gefallen scheint.
"Am Funkensonntag und an den kantonalen Viehschauen in Appenzell" sei den Kindern das Rauchen ganz offiziell erlaubt, heißt es von der örtlichen Tourismusbehörde. Woher dieser Brauch komme, wisse sie selbst nicht genau, sagte eine Sprecherin dem Schweizer Online-Portal 20 Minuten, das sei eben so. Bei vielen Touristen stößt die Appenzeller Tradition auf Unverständnis - schließlich wird überall auf der Welt das Rauchen eingedämmt.
In England etwa muss nun mit einer Strafe rechnen, wer in einem Auto raucht, in dem Kinder sitzen. In Paris kostet Kippe wegwerfen ab sofort 68 Euro. Und in Appenzell geben Eltern Grundschulkindern Feuerzeug und Tabak mit auf die Viehschau?
Alteingesessene Appenzeller sagen, sie hätten als Kinder ebenfalls geraucht, das sei aber auch eine andere Mentalität gewesen, damals. Vertragen hätten sie die "Stümpen" jedoch nicht besonders gut. Es sei einem halt schlecht geworden, einige hätten sich übergeben.
Warum die Kinder an diesen Tagen rauchen dürfen, ist unklar. Das Gesundheitsamt Appenzell Innerrhoden empfiehlt Eltern, auch für die Viehschauen keine Ausnahme zu machen - und ihren Kindern das Rauchen zu verbieten. Wer sich früh an Nikotin gewöhnt, habe es später um so schwieriger, aufzuhören.