Süddeutsche Zeitung

Stilkritik:Bekenntnisse eines "Boomer-Knalldackels"

Der Autor Sascha Lobo hat eine neue Bezeichnung erfunden für Leute, die bei Anglizismen die Nase rümpfen. Hier schreibt einer, der sich angesprochen fühlt.

Glosse von Martin Zips

Der vor allem aus elektrischen Handtelefonen bekannte Kommentator Sascha Lobo (den kennen Sie, das ist der mit dem rosafarbenen Irokesenschnitt) hat gerade in einem Gespräch gesagt, er verwende Ausdrücke aus dem englischen Sprachraum auch deshalb so gerne, weil man mit ihnen "Boomer-Knalldackel" ärgern könne, die sich als Sprachbewahrer verstünden.

So haben wir es gerade beim Mediendienst Turi 2 gelesen, auf unserem Handtelefon. Man hätte sich das Gespräch auch anhören können, als Podcast oder wie das auf Englisch heißt, aber dort wäre es 381 Minuten lang gewesen und die Zeit hatten wir einfach nicht. Aber "Boomer-Knalldackel" fanden wir schon toll. Obwohl, das haben wir uns als Sprachhüter gefragt: Könnte man Boomer nicht auch auf Deutsch sagen? Oder alles gleich auf Englisch: Boomer-Bang-Sausage-Dog? Jedenfalls haben wir sofort an Waldemar gedacht, den Knalldackel, mit dem unser Dorfförster immer auf Fuchsjagd ging. Wir dachten auch an Bautzi zurück, den Kläffdackel unserer Jugendfreundin. Und selbstverständlich hatten wir auch gleich den Wackeldackel auf der Hutablage im Mercedes von Guidos Mutti vor Augen. Auf dem Weg in den Kommunionunterricht. Es tut halt einfach gut, wenn es noch ein paar Leute gibt, mit denen man solche Jugenderinnerungen teilen kann.

Aus schöpferischer Sicht ist das Wort "Boomer-Knalldackel" jedenfalls großartig! Es riecht gleichzeitig nach Feinstaub, Furzkissen und röhrendem Hirsch. Nichts fasst die Ära von Sex Pistols, Commodore-Computer und Drei-Wetter-Taft besser zusammen. Lobo weiß, wovon er spricht. Er ist ja auch schon fucking 47.

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