Süddeutsche Zeitung

Raucher Adolfs:Sieg des Qualmens

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Nach einem drei Jahre dauernden und bundesweit berühmt gewordenen Rechtsstreit fällt nun das endgültige Urteil: Der Kettenraucher Friedhelm Adolfs muss nicht aus seiner Wohnung ausziehen.

Von Bernd Dörries, Düsseldorf

Als der Streit vor drei Jahren begann, ist Friedhelm Adolfs gar nicht selber ins Gericht gekommen. Die Journalisten kamen zu ihm nach Hause, in seine 42-Quadratmeter-Wohnung in Düsseldorf, und schauten ihm beim Rauchen zu. Damals trug er ein Kurzarmkarohemd und kurze Hosen. Drei Jahre später erscheint Adolfs, 78, am Mittwoch mit Jackett und Krawatte vor dem Landgericht Düsseldorf - er ist nun jemand, den das halbe Land kennt: Raucher Adolfs, der seit drei Jahren gegen seine Vermieterin prozessiert, die ihm wegen der 40 Zigaretten täglich und dem dadurch resultierenden Gestank gekündigt hat. Nach 40 Jahren als Mieter. Zu Unrecht, wie das Gericht nun feststellte.

Adolfs hat in den vergangenen Jahren die verschiedenen Instanzen des deutschen Rechtssystems kennengelernt, vor dem Amts- und Landgericht hatte er verloren, der Bundesgerichtshof ordnete dann aber 2015 eine umfassende Beweisaufnahme an, zu der Frage, ob es im Treppenhaus vor Adolfs Wohnung nach Rauch roch, oder eben nicht. Einige der 13 Zeugen berichteten von Rauchbelästigung, andere wollen nichts gemerkt haben. Das Gericht war zwar der Ansicht, dass es im Hausflur zu Beeinträchtigungen durch Tabakrauch gekommen sei, es könne aber nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass Adolfs die alleinige Quelle gewesen sei. Daher könne ihm kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme und damit ein vertragswidriges Verhalten nachgewiesen werden. Er muss seine Wohnung nicht räumen.

In den drei Jahren, in denen Adolfs nun gegen seine Kündigung klagte, hat sich das Klima für Raucher in Deutschland nicht verbessert. Zu den Rauchverboten in der Gastronomie kamen die Bilder auf den Zigarettenpackungen, von Krankheiten, die durch das Rauchen entstehen. Adolfs Sieg ist nun auch ein kleine Genugtuung für alle Raucher. "Ich muss jetzt nicht von heute auf morgen raus, das ist schon mal gut", sagte Adolfs nach der Urteilsverkündung und zündete sich eine Zigarre an.

Das Urteil von Düsseldorf, bei dem keine Revision zugelassen wurde, hat durchaus grundsätzlichen Charakter für die Raucher in Deutschland. Sie dürfen auch weiter zu Hause qualmen, Rauchverbote oder Kündigungen sind unzulässig. Eine fristlose Kündigung setze aber voraus, so das Gericht, dass eine Partei den Hausfrieden nachhaltig störe. Etwa, wenn nicht ausreichend gelüftet oder Asche nicht entsorgt werde.

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Quelle:
SZ vom 29.09.2016
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