Süddeutsche Zeitung

Franky Zapatas Rekordversuch:Feuer, Erde, Luft und Wasser

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Franky Zapata, der fliegende Franzose von den Champs-Élysées, wollte noch höher hinaus. Er wollte den Ärmelkanal von Frankreich nach England überfliegen - und landete im Wasser.

Von Martin Zips

Da sieht man mal, wie man sich täuschen kann. Nur 18 Monate bevor die Brüder Wright ihren ersten erfolgreichen Flug unternahmen, hatte der Astronom Simon Newcomb voller Überzeugung festgehalten: "Mit Maschinen durch die Luft zu fliegen, ist absolut unmöglich." Natürlich kam alles anders, und hätte vor einiger Zeit noch irgendwer behauptet, im Juli 2019 würde ein bewaffneter Mensch auf einer Art Snowboard stehend in Paris am Nationalfeiertag hoch über die Place de la Concorde gleiten, man hätte ihn für verrückt erklärt.

Doch so geschah es, am 14. Juli. Und weil der Mensch ja nie genug bekommt (so wie der französische Pilot Jules Védrines zum Beispiel, der vor genau hundert Jahren auf dem Dach des Pariser Edelkaufhauses Galeries Lafayette landete und als Dank dafür vom Filialleiter 25 000 Franc bekam), mochte auch Franky Zapata mit seinem "Flyboard Air" weiter hinaus. 35 Kilometer wollte er am Donnerstag auf seinem mikroturbinenbetriebenen Brettchen schaffen, über den Ärmelkanal zwischen Calais und Dover. Mit einem kurzen Tank-Zwischenstopp auf dem Schiff L'Abeille Languedoc (Honigbienchen Languedoc).

Das klappte nicht ganz. "Franky geht es gut", beteuerte seine Ehefrau, kurz nachdem er von der von ihm entwickelten 140-Stundenkilometer-Plattform unfreiwillig vor der schwimmenden Zapfsäule ins Wasser gefallen war. Der 40 Jahre alte Erfinder hatte auf den Tag genau seinem Vorbild Louis Blériot nacheifern wollen. Dieser war vor 110 Jahren als Erster über den Ärmelkanal geflogen. In 37 Minuten. Zapata wäre sicher schneller gewesen, hätte es denn nur geklappt. Aber so erging es ihm wie einst Blériots Konkurrenten Hubert Latham, der nach nur 13 Kilometern im Ärmelkanal versank. Seine Antoinette IV hatte einen Motorschaden.

Immerhin endete Zapata, die menschliche Drohne aus Marseille, nicht so tragisch wie noch im Jahr 1938 der deutsche Renn-Nazi Bernd Rosemeyer. Rosemeyer, moderne Messgeräte gaben darüber Auskunft, war in seinem Union Typ R nahe der Autobahnausfahrt Langen-Mörfelden auf der A 5 mit exakt 429,491 Stundenkilometern in den Tod gerast. Er bekam ein Ehrengrab.

Franky Zapata kündigte schon kurz nach der unsanften Landung an, bald einen neuen Versuch zu starten. Und sollte die Seepräfektur abermals einwilligen und sollte er diesmal wirklich in St. Margaret's Bay (England) ankommen, man dürfte ihn in seiner Heimat bald auf seinem "Flyboard Air" durch die Hauptstadt tragen. So, wie man es laut dem französischen Dichter Guillaume Apollinaire "in einem Triumphzug" vor hundert Jahren mit Blériot und dessen Flugmaschine tat (der Daily Express schrieb damals: "Großbritannien ist keine Insel mehr". Welch selige Zeiten.)

Sicher, der fliegende Fortschritt wird sich immer weiter in die Vertikale bewegen. Dafür wird die spielzeug- und kriegsbegeisterte Menschheit schon sorgen. Für alle die, die lieber am Boden bleiben: Womöglich hilft es, gut vernetzt zu sein.

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Quelle:
SZ vom 26.07.2019
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