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Prozessauftakt in Montreal:Magnotta gesteht - beteuert aber seine Unschuld

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Geständnis vor Prozessbeginn

Kanadas "Prozess des Jahrzehnts" beginnt mit einem Paukenschlag: Luka Magnotta, ehemaliger Pornodarsteller aus Montreal, hat überraschend gestanden, einen Studenten getötet und zerstückelt zu haben. Vor dem Haftrichter hatte der 32-Jährige noch auf "nicht schuldig" plädiert. Der als "Kanadischer Kannibale" bekannt gewordene Mann und seine Anwälte hätten sich darüber verständigt, dass der in den Prozessakten geschilderte Tathergang stimme, teilte der Richter den kanadischen Berichten zufolge mit. Schuldig sei Magnotta aber trotzdem nicht, sagte sein Anwalt.

Richter Cournoyer rief die zwölf Geschworenen auf, sich ein Bild zu machen, ob Magnotta schuldfähig ist. Die Verteidigung setzt in dem Prozess darauf, dass ihr Mandant als nicht schuldfähig eingestuft wird. Die Gegenseite wirft Magnotta vor, seine Tat mindestens sechs Monate lang geplant und "vorsätzlich" gehandelt zu haben.

Der Hintergrund des Falls

Die Beweise gegen Magnotta sind erdrückend - und den erdrückendsten hat er selbst produziert. Magnotta soll sich selbst gefilmt haben, als er einen chinesischen Austauschstudenten im Frühjahr 2012 fesselte und erstach. Danach soll er den Film ins Internet gestellt haben. Der Clip wurde zwar rasch wieder gelöscht, ist jetzt aber ein Hauptbeweisstück der Anklage.

Die anderen kamen per Post. Magnotta hatte, heißt es in der Anklage, die Leiche zerteilt und Körperteile in Paketen an Parteien und Behörden verschickt. Nach einer Station in Paris wurde Magnotta im Juni 2012 in Berlin vom Betreiber eines Internetcafes erkannt und später festgenommen.

Der Prozess

Eine Jury muss nun entscheiden, ob Magnotta zum Tatzeitpunkt schuldfähig war. In der Anklageschrift wird ihm Mord, Leichenschändung, Veröffentlichung und Versendung obszönen Materials und Bedrohung von Politikern vorgeworfen. Der Richter warnte, dass während des Verfahrens mit einer "schockierenden und verstörenden Beweislage" gerechnet werden müsse.

Beobachter erwarteten einen komplizierten Prozess, schon weil er auf Englisch im französischsprachigen Montreal stattfindet. Sechs bis acht Wochen werden veranschlagt. Schon die Auswahl der Geschworenen hatte Wochen gedauert. Die Todesstrafe gibt es in Kanada zwar nicht, aber die Staatsanwaltschaft hatte zuvor schon lebenslang gefordert.

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dpa/AFP/frdu
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