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Prozess um getöteten Diren:"Ein paar Jugendliche abknallen"

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Zeugen belasten Todesschützen

Er wolle "ein paar Jugendliche abknallen" - das soll Markus Kaarma wenige Tage vor den tödlichen Schüssen auf Diren D. beim Haareschneiden gesagt haben. Im Prozess um den im US-Bundesstaat Montana erschossenen Hamburger Austauschschüler haben mehrere Friseurinnen bestätigt, dass der Angeklagte Morddrohungen ausgesprochen hat.

Nach zwei Einbrüchen in seine Garage sei Kaarma "total laut und wütend" gewesen, sagte eine der Zeuginnen. "Er sagte, er habe drei Nächte nicht geschlafen, weil er mit einer Schrotflinte auf der Lauer liege, um ein paar Kids zu töten." Sie habe dem keine große Bedeutung beigemessen und alles für Gerede gehalten. "Er sagte dann aber: Ich mache keine Witze. Ihr werdet das in den Nachrichten sehen." Eine zweite Frau sagte: "Er machte auf mich keinen ängstlichen Eindruck. Er war einfach wütend."

Der Fall Diren

Diren D., Sohn einer türkischstämmigen Familie aus Hamburg, wurde nur 17 Jahre alt. Er war Austauschschüler in Missoula, Montana, USA. In der Nacht zum 27. April war er mit einem Freund in dem Wohnviertel unterwegs gewesen, in dem sowohl seine Gasteltern als auch Markus Kaarma mit seiner Familie leben.

Nach Angaben des Freundes ging der 17-Jährige auf der Suche nach etwas zu trinken in die halb offenstehende Garage. Dort hatte Kaarma, bei dem bereits mehrfach eingebrochen worden war, Bewegungsmelder und eine Videokamera installiert. Als er den Eindringling bemerkte, nahm er seine Schrotflinte, schoss viermal in die Garage und traf Diren D. tödlich am Kopf.

Staatsanwältin: Diren flehte um sein Leben

Die Anklage lautet auf "deliberate homicide", vorsätzliche Tötung, darauf stehen mindestens zehn Jahre Haft. Es ist nach dem Gesetz in Montana das schwerste Tötungsdelikt und kann sogar mit der Todesstrafe geahndet werden. Die Staatsanwaltschaft glaubt, genügend Beweise dafür zu haben, dass Kaarma den deutschen Schüler vorsätzlich und nach Plan getötet hat. "Er flehte um sein Leben", sagte die Staatsanwältin zum Prozessauftakt. "Notwehr ist absurd"

Anders sieht es die Verteidigung: Sie stützt sich auf das Notwehrrecht, das in vielen amerikanischen Bundesstaaten weit großzügiger ausgelegt wird als in Deutschland. "Diese junge Familie hatte Angst", beteuerte der Verteidiger. "Sie wurden zweimal Opfer von Einbrüchen, zweimal wurde ihr Privatestes von Fremden verletzt. Woher sollten sie wissen, dass der nächste Einbrecher nicht bewaffnet war?"

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