Süddeutsche Zeitung

Prozess:Robinho: Wenn ein Star sich als Vergewaltiger entpuppt

Lesezeit: 2 min

Von Oliver Meiler, Rom

Von Robson de Souza aus dem brasilianischen Santos, den die Welt als Robinho kennt, hat es einmal geheißen, er sei "der neue Pelé". Sogar Pelé selbst sagte einmal: Als er Robinho zum ersten Mal mit dem Ball zaubern sah, habe er Gänsehaut gekriegt. "In ihm sah ich mich selber mit 15 Jahren, ich habe fast geweint." Die Karriere des Wunderkindes aus einfachen Verhältnissen sollte aber dann doch nicht ganz so brillant werden. Trotz Etappen bei Weltklubs, trotz hundert Länderspielen. Robinho ist jetzt 33 Jahre alt und dreht noch einige Ehrenrunden für Atlético Mineiro, daheim, in Brasilien.

Nun holt ihn aber seine Vergangenheit in Europa ein. Ein Mailänder Gericht hat Robinho zu einer Haftstrafe von neun Jahren verurteilt. Er soll bei einer Gruppenvergewaltigung mitgemacht haben. Der Vorfall liegt einige Jahre zurück, Januar 2013. Robinho stand damals bei Milan unter Vertrag. Die Nächte schlug er sich gerne in Mailänder Clubs um die Ohren, er stand dazu. An jenem Januarabend besuchte er mit seiner Frau und brasilianischen Freunden das Sio Café, eine Diskothek im Universitätsviertel der Stadt. Eine junge Frau aus Albanien feierte dort ihren 23. Geburtstag mit Freundinnen. Man kannte sich von früheren Begegnungen. Irgendwann begleitete Robinho seine Ehefrau nach Hause, kehrte aber zurück.

Was dann geschah, schilderte die ermittelnde Mailänder Staatsanwaltschaft so: Sechs Brasilianer, Robinho und seine fünf Freunde, sollen die junge Frau, die mittlerweile alleine da war, auf "heimtückische und betrügerische Weise" zum Trinken verführt haben, bis sie zu schwach gewesen sei, um sich zu wehren. Sie hätten sie in die Garderobe gebracht, die Türe abgeschlossen und sie vergewaltigt. Einer nach dem andern, zuerst Robinho. Die Anklage forderte zehn Jahre Haft gegen den Fußballer und gegen einen der Freunde, die anderen Männer gelten als unauffindbar. In abgehörten Telefongesprächen sollen die Männer ihren Plan besprochen haben. Die Verteidigung entgegnete, es gebe keine Beweise dafür, dass die sexuellen Handlungen nicht einvernehmlich gewesen seien.

Die Richter aber folgten der Anklage, die Haftdauer reduzierten sie um ein Jahr. Die Strafe sieht auch ein Schmerzensgeld von 60 000 Euro vor für die junge Frau. Ob Robinho jemals ins Gefängnis muss, ist jedoch ungewiss und wohl eher unwahrscheinlich. Die italienische Rechtsordnung sieht für Strafverfahren im Berufungsfall drei Instanzen vor. Rechtskräftig ist ein Urteil erst, wenn es auch vom Kassationshof bestätigt wird, dem höchsten Gericht. Das braucht Zeit, und das wissen Robinhos Anwälte. In einer Erklärung auf Instagram schreiben sie, ihr Mandant wehre sich gegen die Vorwürfe, man gehe in Berufung.

Selbst wenn Robinho in Italien einmal endgültig verurteilt werden sollte, droht ihm unmittelbar nichts. Brasilien liefert grundsätzlich keine Bürger aus. Reisen wäre dann aber schwierig. Verfolgt von der italienischen Justiz und dem Schatten der Vergangenheit.

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Quelle:
SZ vom 25.11.2017
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