Süddeutsche Zeitung

Pistorius-Prozess:Berufung gegen die Berufung

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Pistorius' Anwälte fechten Berufung an

Drei Wochen ist jetzt her, dass das Strafmaß im Fall Oscar Pistorius verkündet wurde. Fünf Jahre Gefängnis wegen fahrlässiger Tötung seiner Freundin Reeva Steenkamp, so hat es Richterin Thokozile Masipa am 21. Oktober entschieden. Ein relativ mildes Urteil für den ehemaligen Leichtathleten - vor allem deshalb, weil er möglicherweise einen guten Teil der Strafe in Form eines Hausarrestes absitzen darf.

Kaum verwunderlich deshalb, dass die Anwälte von Pistorius eine Neuauflage des Prozesses unbedingt verhindern wollen. Sie haben dem zuständigen Gericht in Pretoria jetzt mitgeteilt, dass sie die Berufung anfechten wollen, die die Staatsanwaltschaft eingelegt hat. Eine Begründung werde "zu gegebener Zeit" folgen, sagte Pistorius' Anwalt Brian Webber aus dem Verteidigerteam um Barry Roux.

Berufung gegen eine "schockierend leichte" Strafe

Der beidseitig beinamputierte Sprinter hatte das Urteil akzeptiert - genauso wie die Eltern von Steenkamp. Südafrikas Nationale Strafverfolgungsbehörde (NPA), der die Oberaufsicht über alle Staatsanwaltschaften obliegt, hatte dagegen am Dienstag erklärt, dass sie beantragen werde, den Prozess vor dem obersten Berufungsgericht des Landes in Bloemfontein neu aufzurollen. Dort urteilen je nach der Art des Falls drei bis fünf Richter in der Sache.

Die Berufung der Staatsanwaltschaft bezieht sich sowohl auf das Urteil selbst - also die Einschätzung, dass Pistorius' sich lediglich der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht hat, als auch auf das Strafmaß.

Die Entscheidung der Richterin sei "unangemessen", die Strafe "schockierend leicht", so hieß es in der Erklärung der Anklagebehörde. Ein anderes, "vernünftiges" Gericht wäre zu einem anderen Urteil gekommen. Laut Staatsanwaltschaft könne der 27-jährige Pistorius das Gefängnis auf Grundlage der jetzigen Urteils schon nach zehn Monaten verlassen, um den Rest der Strafe unter Hausarrest zu verbüßen.

Richterin Masipa entscheidet selbst über die Berufung

Pistorius hatte Steenkamp in der Nacht zum Valentinstag 2013 durch die geschlossene Toilettentür in seinem Haus in Pretoria erschossen. Er beteuert, hinter der Tür einen Einbrecher vermutet und in Panik geschossen zu haben. Masipa warf dem an den Unterschenkeln amputierten Ausnahmesportler vor, grob fahrlässig gehandelt zu haben. Den Mordvorwurf der Staatsanwaltschaft ließ sie dagegen fallen.

In einem neuen Verfahren könnte Pistorius nach Einschätzung von Rechtsexperten doch noch wegen Mordes verurteilt werden könnte. Darauf steht in Südafrika lebenslänglich, was in der üblichen Rechtspraxis 25 Jahre Haft bedeutet.

Nach südafrikanischem Recht entscheidet Richterin Masipa allerdings selbst darüber, ob sie eine Berufung gegen ihr eigenes Urteil zulässt. Lehnt Masipa die Berufung ab, steht der Staatsanwaltschaft noch der Weg einer Petition an das oberste Gericht offen.

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