Süddeutsche Zeitung

Lügde-Fall:Bewährungsstrafe gegen Heiko V. rechtskräftig

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Das milde Urteil hatte für Aufregung gesorgt. Nun hat die Staatsanwaltschaft Detmold die Revision zurückgenommen.

Die Staatsanwaltschaft Detmold hat die Revision gegen ein umstrittenes Urteil im Lügde-Fall zurückgenommen. Das Landgericht Detmold hatte den 49-jährige Heiko V. im Juli unter anderem wegen Anstiftung und Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Kindern und dem Besitzes kinderpornographischer Schriften zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren verurteilt. Weil diese zur Bewährung ausgesetzt wurde, konnte er das Gericht jedoch als freier Mann verlassen.

Vor allem die Strafaussetzung zur Bewährung war in der Öffentlichkeit auf wenig Verständnis gestoßen. Kritik kam auch aus der Politik: "Das Strafmaß reicht hier nicht aus", sagte etwa der nordrhein-westfälische Familienminister Joachim Stamp (FDP). "Es kann nicht sein, dass es bei einem solchen Vergehen, was Leben zerstört, Bewährungsstrafe geben kann."

Das Gericht sah es damals als erwiesen an, dass der Berufskraftfahrer und Feuerwehrmann aus dem niedersächsischen Stade in den Jahren 2010 bis 2011 an mindestens vier Webcam-Übertragungen teilgenommen hatte, die den sexuellen Missbrauch eines zehnjährigen Mädchens auf dem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde zeigten. Am ersten Prozesstag hatte Heiko V. gestanden, am zweiten Tag war das Verfahren gegen ihn vom Hauptverfahren gegen die beiden Hauptangeklagten abgetrennt worden.

Die Ermittler hatten in Heiko V.s Wohnung mehr als 42 000 Bild - und Videodateien gefunden. Unter Tränen hatte er sich in seinem Schlusswort bei der jungen Frau entschuldigt, deren sexuellen Missbrauch er damals bestellt und live angesehen hatte. Die heute 19-Jährige saß die gesamte Verhandlung über im Gerichtssaal und hatte gegen ihn und den Haupttäter Andreas V. ausgesagt. Der 19-Jährigen muss Heiko V. außerdem 3000 Euro zahlen.

Für die Chatverläufe zwischen Heiko V. und Dauercamper Andreas V., in denen sie sich zur Liveübertragung verabredeten, fand Richterin Anke Grudda damals deutliche Worte: "Wie Sie in den Chats über die Mädchen geschrieben haben, ist an Widerwärtigkeit nicht zu überbieten." Die "Menschenverachtung", die bei seinen Taten zum Ausdruck gekommen sei, sei "erschreckend", sagte Grudda. "Sie waren unfassbar gleichgültig und erschreckend empathielos gegenüber den Kindern."

Das Landgericht hatte seine Entscheidung für eine Bewährungsstrafe damals mit dem Geständnis des Angeklagten, seiner Einsicht in die therapeutische Aufarbeitung seiner pädophilen Neigungen und dem Bestehen tragfähiger sozialer Bindungen begründet. Weiter hatte die Strafkammer berücksichtigt, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist und fast sieben Monate in Untersuchungshaft saß.

Die sorgfältige Überprüfung des Urteils und seiner Begründung habe letztlich zu der Entscheidung der Staatsanwaltschaft geführt, das Revisionsverfahren mangels Erfolgsaussichten nicht durchzuführen, hieß es nun in einer Mitteilung. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

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