Süddeutsche Zeitung

Körperverletzung im Amt:Anklage gegen Polizisten nach eskalierter Verkehrskontrolle

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Faustschläge und Pfefferspray

In einem Wohngebiet verfolgen Polizisten einen weißen Opel Corsa, stoppen ihn, um eine Verkehrskontrolle durchzuführen. Der Autofahrer steigt aus, soll einen Alkoholtest machen und pustet ins Messgerät der Beamten. Dieser an sich alltägliche Vorgang ist nun, mehr als ein Jahr später, Gegenstand einer Anklage der Bochumer Staatsanwaltschaft gegen die beiden durchführenden Beamten: Einer von ihnen soll den Autofahrer grundlos fixiert haben und dessen berechtigten Widerstand mit Faustschlägen und massivem Einsatz von Pfefferspray gebrochen haben.

Den Ermittlungsergebnissen zufolge soll der Polizist im Nachgang der Verkehrskontrolle vom Juni 2014 durch falsche Angaben ein Strafverfahren gegen den Fahrer und dessen Cousin veranlasst haben. Auch Schmerzensgeldforderungen machte er geltend. Der zweite Polizist soll seinem Kollegen behilflich gewesen sein - obwohl er von den tatsächlichen Umständen wusste.

Den Beamten wird nun Körperverletzung im Amt, Freiheitsberaubung und Verfolgung Unschuldiger vorgeworfen, teilte die Polizei Bielefeld am Montag mit.

Nach dem ersten Verfahren entschuldigte sich der Polizist bereits

Zunächst waren damals der Autofahrer und sein Cousin wegen Widerstands gegen die Staatsangewalt angeklagt worden. Der Beamte plädierte auf Notwehr. Doch seine Version geriet ins Wanken: Vor Gericht stellte sich heraus, dass bei den damaligen Ermittlungen nicht das komplette Video-Material aus der Streifenwagenkamera ausgewertet worden war. Darauf ist zu sehen, dass der Fahrer nach beendetem Pusten zum Bürgersteig geht, sich mit seinem Cousin unterhält - und der Polizist den Fahrer angreift.

Die beiden angeklagten Cousins wurden freigesprochen. Noch im Gerichtssaal entschuldigte sich der Polizist. "Ich habe überreagiert. Es tut mir leid", sagte er der Bild zufolge.

Daraufhin übernahm die Staatsanwaltschaft Bochum den Fall.

Nach Angaben eines Sprechers haben sich die heute 39 und 35 Jahre alten Angeklagten gegenüber der Staatsanwaltschaft zur Sache geäußert. Zum Inhalt will die Behörde aber nichts sagen. "Das ist jetzt eine Sache für die Hauptverhandlung", sagte Oberstaatsanwalt Christian Kuhnert. Das Amtsgericht Herford muss jetzt über die Zulassung der Anklage und einen Verhandlungstermin entscheiden.

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