Süddeutsche Zeitung

Klimaschutz:"Voll und ganz" solidarisch

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90 Prominente unterstützen die radikalen Klimaschützer "Extinction Rebellion".

Von Boris Herrmann, Berlin

Am kommenden Montag soll der "Aufstand gegen das Aussterben" beginnen. Aktivisten der Klimabewegung "Extinction Rebellion" wollen mit zivilem Ungehorsam "Berlin lahmlegen". Sie haben angekündigt, eine Woche lang Straßen und Plätze zu blockieren. Alles soll gewaltfrei ablaufen, aber definitiv nicht störungsfrei. Es geht darum, die Alltagsroutine der Hauptstadt zu unterbrechen, "damit die Politik uns endlich zuhört."

Die Chancen, dass im Bundeskanzleramt tatsächlich jemand zuhört, dürften jetzt noch einmal deutlich steigen. Denn Frust und Enttäuschung über das im September vorgestellte Klimapaket der Bundesregierung haben offenbar dazu beigetragen, dass sich nun auch ein Teil der Kulturschaffenden dieses Landes in Klimafragen radikalisiert und sich mit den Zielen und Protestformen von "Extinction Rebellion" "voll und ganz" solidarisch erklärt. In einem offenen Brief an Angela Merkel und ihr Kabinett schreiben etwa 90 Prominente: "Wir, die Unterzeichnenden, fordern Sie auf, sofort drastische Maßnahmen gegen die sich verschärfende ökologische Krise zu ergreifen." Der Brief soll am Freitag veröffentlicht werden, er liegt der SZ vor. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem die Schauspieler Anna Loos, Peter Lohmeyer, Christian Ulmen, Bjarne Mädel und Fahri Yardim, die Regisseure Fatih Akin, René Pollesch und Christian Schwochow, der Musiker Bela B und der Autor Rocko Schamoni. "Es ist für uns unerträglich, dass unsere Kinder und Enkelkinder die Last dieser beispiellosen Zerstörung tragen müssen", heißt es weiter.

"Extinction Rebellion" (zu Deutsch: Rebellion gegen das Aussterben) wird auch als die "militante Schwester" der "Fridays for Future"-Bewegung bezeichnet. "Reguläre politische Mittel wie Demos oder Wahlen reichen nicht aus", heißt es in dem Manifest der Gruppierung, die weltweit angeblich 100 000 Mitglieder hat. In Deutschland trat sie bislang unter anderem durch Besetzungen des Potsdamer Platzes und der Oberbaumbrücke in Berlin in Erscheinung. Die Aktivisten und ihre prominenten Unterstützer rechtfertigen solche Protestformen mit Notwehr. Die Unterzeichner des offenen Briefes halten der Bundesregierung vor, sich an den zukünftigen Generationen "schuldig" zu machen. Anstatt nachhaltige Alternativen zu fördern, würden weiter klimaschädliche Wirtschaftszweige subventioniert.

Die Verfasser des Schreibens wenden sich mit drei konkreten Forderungen an das Kabinett Merkel. Erstens müsse endlich die "volle Wahrheit über das Ausmaß und die Risiken der ökologischen Krise" gesagt werden. Zweitens solle Deutschland bis 2025 klimaneutral werden, also 25 Jahre früher als bisher geplant. Drittens solle eine Bürgerversammlung für Klimagerechtigkeit einberufen werden, um einen rechtlich bindenden Maßnahmenkatalog zu entwickeln. Also ein Klimapaket, das kein Klimapäckchen ist.

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Quelle:
SZ vom 04.10.2019
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