Süddeutsche Zeitung

Juwelenraub in London:Durch Stahlbeton an die Beute

Lesezeit: 2 min

Einbrecher hinterließen Chaos

Durch ein 45 Zentimeter breites Loch verschwanden Millionen: Unbekannte haben im Londoner Juwelier-Viertel über die Ostertage mindestens 70 Safes in einer Depotfirma in Hatton Garden aufgebrochen, die hauptsächlich von Diamant- und Schmuckhändlern aus dem Viertel genutzt wurden. Nun hat die Polizei Fotos der Szenerie nach der Tat veröffentlicht.

Zu sehen sind das Loch, das die Räuber durch Stahlbeton bohrten, demolierte Gitterstäbe und der verwüstete Tresorraum. Der Tatort war laut Ermittlern "chaotisch": Der Inhalt einiger Boxen, Trümmer, Staub und Gerätschaften der Einbrecher lagen überall verstreut.

Um an ihre Beute im Keller zu gelangen, waren die Täter einen Aufzugsschacht hinuntergeklettert und hatten die Stahlbetonwand durchbohrt. Dazu arbeiteten sie vermutlich über Stunden mit einen Hochleistungsbohrer, der mit Wasser gekühlt werden musste. Die Polizei sprach von einer 50 Zentimeter dicken Wand, die Deutsche Presse-Agentur von zwei Metern.

Aufnahmen der Überwachungskameras

Die Polizei hat bereits Bilder der Verdächtigen veröffentlicht. Darauf schiebt ein Mann einen blauen Mülleimer, einer anderer trägt rotes Werkzeug, ein dritter hat einen schwarzen Plastiksack über der Schulter. Die Gesichter sind nicht zu erkennen. Zuvor hatte eine britische Zeitung Videobilder veröffentlicht, die mindestens sechs Einbrecher zeigen sollen.

Bilder von Überwachungskameras zeigten außerdem, dass die Einbrecher zunächst die Nacht zum Karfreitag im Gebäude verbracht hatten, erklärte einer der Ermittler. Am Karsamstag spätabends seien sie zurückgekommen und am frühen Morgen des Ostersonntags wieder verschwunden. "Sie waren sehr kühn", sagte Kriminaloberkommissar Paul Johnson.

Polizei ignorierte Alarm

Scotland Yard steht nun unter Druck. Die Ermittler gaben zu, dass die Polizei bereits am Karfreitag über einen Einbruchalarm in der Firma zur Einlagerung von Wertsachen informiert worden war. Der Anruf hatte aber die Dringlichkeitsstufe "Kein Eingreifen notwendig" erhalten - warum, ist unklar.

Versicherer und Nutzer der Tresore, die der Einbruch viele Millionen Pfund kosten dürfte, erwägen deshalb eine Zivilklage auf Schadenersatz. Betroffene kritisieren zudem, dass die Polizei sie über das Ausmaß des Diebstahls lange im Dunkeln gelassen habe.

Millionenbeute

Was die Diebe genau erbeutet haben, ist noch nicht bekannt. In den Medien werden Zahlen von 60 Millionen Pfund (83 Millionen Euro) bis 200 Millionen Pfund genannt. Branchenkenner schätzen den Wert der Beute auf 80 Millionen Pfund (111 Millionen Euro) und mehr.

Berliner "Tunnelräuber" könnten dahinterstecken

Der Einbruch könnte einem Zeitungsbericht zufolge auf das Konto der sogenannten Tunnelräuber von Berlin gehen. Es gebe Parallelen zwischen dem jetzigen Einbruch und dem Tunnelraub in einer Filiale der Berliner Volksbank Anfang 2013, berichtete die Times. In beiden Fällen werde vermutet, dass jemand im Inneren den als Bauarbeiter verkleideten Tätern geholfen habe.

Sowohl in London als auch in Berlin hätten diese sich durch Stahlbeton gebohrt, nachdem die Mitarbeiter übers Wochenende nach Hause gegangen seien. "Wir folgen mehreren Spuren, es ist eine umfassende Ermittlung", sagte ein Sprecher von Scotland Yard. Ob die Berliner Täter auch für den Einbruch in London in Frage kämen, wollte er nicht kommentieren.

In Berlin hatten Bankräuber von einer Tiefgarage aus einen 45 Meter langen Tunnel in den Tresorraum der Bank gebuddelt und dort knapp 300 Schließfächer aufgebrochen. Die Polizei schätzte den Wert der Beute auf rund zehn Millionen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2448463
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
dpa/frdu
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.