Süddeutsche Zeitung

Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen:Jährlich werden in Deutschland 100 000 Frauen Opfer häuslicher Gewalt

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Gewalt gegen Frauen ist ein weltweites Problem: UN-Schätzungen zufolge erleiden bis zu 70 Prozent der Frauen mindestens einmal in ihrem Leben sexuelle, körperliche oder seelische Übergriffe. In Deutschland wurde laut einer Studie, die 2016 im Auftrag des bayerischen Sozialministeriums erstellt wurde, jede vierte Frau ab 16 in ihrem Leben schon einmal Opfer von sexueller, physischer oder psychischer Gewalt.

Die Polizeistatistik zählte 2015 in Deutschland mehr als 100 000 Fälle von häuslicher Gewalt gegen Frauen. 131 Frauen wurden in dem Jahr von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet, 200 überlebten einen Mordversuch. Die Fälle von Gewalt, die nicht angezeigt werden, sind laut der Frauenrechtsorganisation "Terre des Femmes" aber sehr viel höher. Jedes Jahr müssen Tausende schutzsuchende Frauen von Frauenhäusern abgewiesen werden, weil es nicht genügend Plätze gibt. Weltweit ist für Frauen und Mädchen zwischen 14 und 44 Jahren Gewalt von Männern die häufigste Ursache für Behinderung oder Tod.

Der Aktionstag gegen Gewalt an Frauen soll darauf aufmerksam machen. Er prangert Gewalt in der Familie, in Kriegen und auf der Flucht an. Der Protest richtet sich gegen Misshandlung und Vergewaltigungen, gegen Zwangsehen und Zwangsprostitution. Hauptthema der diesjährigen Aktionen ist die weibliche Genitalverstümmelung.

Sie führt häufig zu Behinderungen oder Tod. "Terre des Femmes" schätzt, dass weltweit über 200 Millionen Frauen an ihren Genitalien verstümmelt wurden. Insgesamt werden in 28 Ländern die Mädchen - vom Kleinkind bis zur Jugendlichen - zum Opfer des grausamen Rituals. Verbreitet ist es vor allem auf dem afrikanischen Kontinent, aber auch in Südostasien und dem Nahen Osten findet die Beschneidung zunehmend statt. In Deutschland leben mehr als 58 000 Frauen, die an ihren Genitalien verstümmelt wurden, 13 000 Mädchen laufen Gefahr, Opfer dieses grausamen Eingriffs zu werden. Sie werden dafür meist ins Ausland gebracht.

In Deutschland lassen Firmen, Rathäuser, Kirchen und Frauengruppen jedes Jahr am 25. November eine Fahne wehen: Die Worte "Frei Leben - ohne Gewalt" umrahmen eine aufrechte Frauenfigur auf blauem Grund. Die Frauenrechtsorganisation "Terre des Femmes" hat die Fahne entworfen. Zudem fordert die Organisation auf, den Hashtag #gegenGewalt zu benutzen, um die Aktion in sozialen Netzwerken wie Twitter zu kennzeichnen.

Der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen wurde erstmals 1981 von Feministinnen aus Lateinamerika und der Karibik ausgerufen. Sie gedachten damit auch dreier Schwestern, die in der Dominikanischen Republik verschleppt, vergewaltigt und ermordet worden waren. Patria, Minerva und Maria Teresa Mirabal starben am 25. November 1960 durch die Hand von Soldaten des Trujillo-Regimes.

1999 erkannten die Vereinten Nationen den Aktionstag offiziell an. In internationalen Dokumenten wird Gewalt gegen Frauen heute als Menschenrechtsverletzung eingestuft. Das verpflichtet Regierungen zu Aufklärung, Vorbeugung und Bestrafung, auch wenn die Frauen im privaten Rahmen Opfer von Vergewaltigungen und Misshandlungen werden.

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