Süddeutsche Zeitung

Katastrophaler Unfall:Mindestens 261 Tote bei Zugunglück in Indien

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Das ganze Ausmaß ist noch nicht absehbar. Etwa 900 Menschen sollen verletzt worden sein. Die Zahl der Opfer wird vermutlich noch steigen. Augenzeugen berichten von erschütternden Szenen.

In Indien sind am Freitagabend bei einem schweren Zugunglück offiziellen Angaben zufolge mindestens 261 Menschen ums Leben gekommen. Unter den Trümmern werden noch viele weitere Opfer vermutet. Zudem gebe es etwa 900 Verletzte, sagte der oberste Behördenmitarbeiter des Bundesstaates Odisha, Pradeep Kumar Jena, laut den indischen Nachrichtenagenturen ANI und PTI in der Nacht auf Samstag. Da noch weitere Tote unter den umgestürzten Waggons vermutet wurden und die Rettungskräfte während der Nacht unter erschwerten Bedingungen zu arbeiten hatten, waren weiter steigende Opferzahlen zu befürchten.

Die Katastrophe ereignete sich am Freitagabend gegen 19 Uhr Ortszeit (15 Uhr MESZ) in einer ländlichen Gegend des Bezirks Balasore, gut 200 Kilometer südwestlich von Kolkata. Zwei Passagierzüge und ein Güterzug verunglückten dort nacheinander auf zwei parallel verlaufenden Gleisabschnitten. Wie genau - das war auch Stunden nach dem Unfall immer noch nicht klar. Medienberichten zufolge war vermutlich erst einer der beiden Passagierzüge entgleist und der andere dann auf der wenige Meter entfernten Parallelstrecke in die dort auf den Gleisen liegengebliebenen Waggons gerast.

Welcher der beiden Züge zuerst entgleiste und aus welchen Gründen, blieb zunächst ungeklärt. Ebenso unklar war die Frage, ob der Güterzug zum Zeitpunkt des Unfalls tatsächlich auf einem anderen Gleis abgestellt war und von einem der entgleisten Passagierzüge gerammt wurde, wie es manche Medien beschrieben. Andere schilderten abweichende Versionen.

Mit Tagesanbruch am Samstag wurde das Ausmaß des Desasters sichtbar. Etwa ein Dutzend havarierte Waggons lagen auf und neben den Gleisen, mit den Rädern in die Höhe ragende Stahlkolosse, einige mit aufgerissenen Abteildecken, die Fenster zerschmettert. Auf und neben den Waggons versuchten Dutzende Helfer in Zivilkleidung und Rettungskräfte mit orangenen Schutzanzügen verzweifelt, verletzte Passagiere unter den tonnenschweren Trümmern zu retten.

Ein Augenzeuge sagte dem örtlichen Fernsehsender NDTV, dass er überall Körperteile von Menschen gesehen habe. Er sei aufgewacht, als sein Zug entgleiste. "Zehn bis 15 Menschen fielen auf mich. Meine Hände und mein Hals wurden verletzt", berichtete der Mann.

"Es war ein ohrenbetäubender Lärm, ich spürte den Boden unter meinen Füßen erzittern. Unser Zug wurde vor- und zurückgeworfen", wurde ein Fahrgast von der Zeitung "Times of India" zitiert. Dann habe er aus dem Fenster geschaut und die entgleisten Waggons gesehen, mit darunter eingeklemmten Menschen. "Es war dunkel und ich konnte Schreie hören." Ein anderer Mann schilderte, wie völlig aufgelöste Angehörige später in einem Feld verstümmelter Körper nach ihren Liebsten suchten. "Der Anblick war zu schrecklich, um ihn zu beschreiben."

Indien hat ein großes und historisch gewachsenes Bahnnetzwerk. Angesichts von vielen alten Zügen und überholungsbedürftigen Gleisanlagen gibt es häufig Unfälle. Doch derart hohe Opferzahlen sind selbst im bevölkerungsreichsten Land der Welt mit 1,4 Milliarden Einwohnern äußerst selten. Der Unfall schockte viele im Land und entfachte wieder Diskussionen um Sicherheit bei der Bahn. Bahnminister Ashwini Vaishnaw sagte der Nachrichtenagentur ANI, er habe eine Untersuchung zur Ursache der Zugkatastrophe angeordnet. Am Samstagmorgen traf er an der Unfallstelle ein, um sich ein Bild vom Ausmaß der Tragödie zu machen.

Premierminister Narendra Modi twitterte: "Erschüttert vom Zugunglück in Odisha. In dieser Stunde der Trauer sind meine Gedanken bei den trauernden Familien." Das Büro des Premiers kündigte eine Entschädigung für die Angehörigen der Toten von je 200 000 Rupien (umgerechnet etwa 2267 Euro) an. Verletzte sollen demnach je 50 000 Rupien (567 Euro) bekommen. Nach Angaben der Regierung des ostindischen Bundesstaates handelt es sich um das schwerste Eisenbahnunglück in Indien seit mehr als zehn Jahren.

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