Süddeutsche Zeitung

Welthungerindex 2018:Der globale Kampf gegen Hunger kommt zu langsam voran

Lesezeit: 2 min

Von Thomas Hummel

Der Kampf gegen den Hunger in der Welt macht global betrachtet weiter Fortschritte. In vielen Regionen geht die Zahl der hungernden Menschen seit der Jahrtausendwende kontinuierlich zurück. Gleiches gilt für den Schweregrad von Hungerleiden. So hat sich zum Beispiel die mit Unterernährung unmittelbar in Zusammenhang stehende Kindersterblichkeit in diesem Zeitraum halbiert. Das sind die guten Nachrichten des diesjährigen Welthungerindex. Den Index ermitteln einmal im Jahr Experten des International Food Policy Research Institute (IFPRI) in Washington, die Deutsche Welthungerhilfe stellte ihn an diesem Donnerstag in Berlin vor.

Der jüngste Welthungerindex enthält aber auch bedrückende Nachrichten. Nicht überall wird das Problem des Hungers kleiner. Das liege vor allem an regionalen Konflikten, in deren Folge Millionen Menschen auf der Flucht seien. In Ländern, in denen Kriege herrschen, sei der Hunger doppelt so hoch wie im Rest der Welt, stellt die Welthungerhilfe fest. Mehr als 68 Millionen Menschen seien weltweit auf der Flucht, so viele wie nie zuvor. "Die Mehrzahl der Flüchtlinge bleibt in ihrer Heimatregion und braucht dort auch Unterstützung. Auch selbst oft arme Aufnahmeländer von Flüchtlingen benötigen mehr Hilfe. Für die Geflüchteten ist nicht nur die Grundversorgung wichtig, sondern auch die Möglichkeit, dass sie Zugang zu Beschäftigung und Bildung bekommen. "Humanitäre Hilfe allein reicht nicht aus", sagte Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe.

Der Welthunger-Index wird auf Basis von Datenmaterial der Vereinten Nationen erstellt, er soll Auskunft geben über den Anteil an Unterernährten, an Auszehrung und Wachstumsverzögerungen bei Kindern unter fünf Jahren sowie über deren Sterblichkeitsrate. Blickt man alleine auf die Menschen, die zu wenige Kalorien am Tag zu sich nehmen, steige die Zahl laut den Vereinten Nationen in den vergangenen drei Jahren sogar an. Auf jetzt 821 Millionen. Deshalb befürchtet die Welthungerhilfe, dass sich die positive Tendenz wieder umkehren könnte.

Der aktuelle Index erfasst 119 Staaten; einige einkommensstarke Länder wie Deutschland bleiben außen vor, eine unzureichende Datenlage gab es unter anderem in Krisenregionen wie dem Kongo, Burundi, Südsudan oder Syrien. Die Experten gehen davon aus, dass die Lage der Menschen dort in weiten Teilen beunruhigend ist.

Besonders von Hunger betroffen sind weiterhin Südasien und viele Länder Afrikas südlich der Sahara. In immerhin 51 Ländern, die zumeist in diesen Regionen liegen, sei die Lage "ernst" oder "sehr ernst". Am schlechtesten schnitt wieder die Zentralafrikanische Republik ab, das Land fällt als einziges in die Kategorie "gravierend". Seit 2012 leidet das Land unter einem Bürgerkrieg zwischen religiösen Gruppen, Flucht, Entwurzelung und Hunger sind die Folge. Die Situation dort bleibt unverändert oder verschlechtert sich sogar. Gleiches gilt dem Index zufolge in weiteren 15 Ländern der Welt.

Doch es gibt auch positive Beispiele. Die Welthungerhilfe nennt Angola, Ruanda, Äthiopien und Myanmar, wo sich der Hungerindex in den vergangenen Jahren stark verbessert hat. In Äthiopien etwa liege das an einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum und wirksamen Projekten der dortigen Regierung.

Welthungerhilfe-Präsidentin Dieckmann wies zudem darauf hin, dass eine große Mehrheit der Deutschen den weltweiten Kampf gegen den Hunger unterstützt. Die Welthungerhilfe habe eine Umfrage beim Institut Infratest dimap durchführen lassen, demnach erklärten 90 Prozent der Bundesbürger, ihnen sei dieser Kampf "wichtig" oder "sehr wichtig". "Das ist ein klarer politischer Auftrag. Kriegerische Auseinandersetzungen, Konflikte und die Folgen des Klimawandels führen zu Flucht, Vertreibung und Hunger. Wir brauchen dauerhafte politische Lösungen für die weltweiten Konflikte, um den Hunger endgültig zu besiegen", betonte Dieckmann.

Mit Material von afp und epd.

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