Süddeutsche Zeitung

SZ-Kolumne "Bester Dinge":Ein Täschchen in Ehren

Eine Erstklässlerin aus den USA möchte so gerne mal die Hände in die Hosentaschen stecken - wenn ihre Hose denn welche hätte. Gegen diesen Mangel hilft nur ein Protestbrief.

Von Veronika Wulf

Zu den diametral verlaufenden Entwicklungen unserer Zeit gehören die Größen von Handys und von Hosentaschen: Die einen werden immer größer, die anderen immer kleiner. Zumindest die Taschen an Damenkleidung sind oft weit von der Grundfläche eines Smartphones entfernt. An einigen Frauenjeans findet man unterhalb des Bundes sogar nichts als eine zugenähte Taschenattrappe, in die höchstens das hineinpasst, was man wirklich nicht drin haben will: Fusseln. Sollte man gedankenverloren doch mal seine Fingerspitzen (mehr passt ja nicht rein) in diese Frechheit von Taschenandeutung stecken, bleiben die Flusen zur Strafe unter den Fingernägeln hängen.

Natürlich sind Damenjeans nicht deshalb so designt, weil Firmen damit Stoff sparen und zu Handtaschenkäufen anregen wollen. Sondern ausschließlich, weil es für Frauen nichts erdenklich Schlimmeres gibt, als doppelten Stoff und ausgebeulte Taschen, die im Hüftbereich auftragen, wie das auf Diätdeutsch heißt.

Zum Glück ist das einer Erstklässlerin aus Arkansas, USA, ziemlich egal. Auf liniertem Schönschreibpapier schrieb sie, wie CNN berichtet, an einen Hersteller: "Ich mag es nicht, dass die Vordertaschen der Mädchenjeans fake sind." Sie würde da gerne ihre Hände reinstecken. Und Sachen. Ob der Hersteller es in Betracht ziehen könnte, Mädchenjeans mit echten Taschen herzustellen. Die Siebenjährige erhielt daraufhin nicht nur eine handgeschriebene Antwort und vier Jeans mit echten Taschen von der Firma - sondern auch jede Menge virtuellen Beifall auf Social Media. Vermutlich von hosentaschenlosen Frauen.

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