Süddeutsche Zeitung

Höxter-Prozess:Zeugin über Wilfried W.: "Er mochte keine Widerworte"

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Von Hans Holzhaider, Paderborn

Was für ein Mensch ist Wilfried W., der sich in Paderborn im Mordprozess um das sogenannte "Horror-Haus von Höxter" verantworten muss? Um diese Frage zu beantworten, hat das Landgericht mehrere Frauen als Zeuginnen geladen, die früher ein Verhältnis mit dem Angeklagten Wilfried W. gehabt haben.

Eine dieser Frauen war zwischen September 2010 und März 2011 mit Wilfried W. liiert. Sie sagte an diesem Dienstag aus, sie habe W. über das Internet kennengelernt. Sie beschrieb den heute 47-Jährigen als nett und angenehm. Auch der Sex sei schön gewesen. Er beinhaltete aus ihrer Sicht auch nichts Ungewöhnliches oder gar Abstoßendes. Sie sagte, dass die beiden sogar Heiratspläne gehabt hätten.

Als seltsam beschrieb sie aber, dass sie sich immer nur bei ihm in der Wohnung getroffen und auch außer Haus nie etwas gemeinsam unternommen hätten, nicht einmal spazieren seien sie gewesen. Überhaupt beschrieb sie sein Kommunikationsverhalten als sehr ungewöhnlich. Sie hätten kaum miteinander telefoniert. Demnach sprach er auf ihren Anrufbeantworter, und sie musste dann zurückrufen und auf seinen Anrufbeantworter sprechen. Auf diese Weise konnte die Frau ihm nie dazwischenreden, wenn er sprach. "Er mochte keine Widerworte", sagte die Zeugin.

Gewalttätig sei er nicht geworden. Sehr genervt aber habe sie, dass immer nach einem Austausch über die Anrufbeantworter ein Anruf von seiner angeblichen Schwester kam, die ihr dann alles, was sie gesagt oder getan hatte, "aufs Butterbrot schmierte". Die "Schwester" war in Wirklichkeit W.s Ex-Ehefrau Angelika, die jetzige Mitangeklagte. "Sie hat sich immer über irgendwas aufgeregt, irgendeinen Quatsch, irgendwelche Bagatellen. Persönlich kennengelernt habe sie Angelika W. aber nie.

Im Lauf dieser sechs Monate hat die Zeugin Wilfried W. laut eigener Aussage etwa 15 000 Euro gegeben, obwohl sie selbst knapp bei Kasse war. Sie musste sogar einen Kredit aufnehmen und verkaufte Schmuck. Das Geld brauchte W. angeblich, um in Thailand den Führerschein zu machen, ein Auto zu kaufen oder Sachen bei Ebay zu bestellen. Drei- oder viermal sollte sie demnach Geld unter der Fußmatte ihres Autos deponieren, dann wurde es nachts von der "Schwester" abgeholt.

"Sich ein schönes Leben und mir einen schönen Tod"

Die Beziehung endete, als sie wegen ihrer Multiple-Sklerose-Krankheit ins Krankenhaus musste. Danach hätten sie sich aus den Augen verloren. Es sei aber noch ein Anruf von der "Schwester" gekommen, die ihr vorgeworfen habe, sie habe Wilfried im Stich gelassen. Dann habe die Schwester "sich ein schönes Leben und mir einen schönen Tod gewünscht".

Über Jahre hinweg sollen die Angeklagten Wilfried W. und Angelika W. mehrere Frauen in das Haus im westfälischen Höxter gelockt und dort schwer misshandelt haben. Beide sind wegen Mordes angeklagt, weil zwei Frauen in den Jahren 2014 beziehungsweise 2016 infolge der Quälereien starben. Bislang haben sich beide Angeklagte gegenseitig beschuldigt, die treibende Kraft hinter den Gewalttaten gewesen zu sein.

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