Süddeutsche Zeitung

Helmut Newtons Beerdigung:Abschied leichten Herzens

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Der Starfotograf ist in Berlin beigesetzt worden: Von Grabesstimmung war allerdings keine Rede, als June Newton und ihre 90 Trauergäste ihm die letzte Ehre erwiesen haben.

Von Constanze von Bullion

Berlin - Von Grabesstimmung kann keine Rede sein, und als die lange Karawane der Festgäste sich ihrer Endstation nähert, da denkt man eher an eine Hochzeitsparade als an einen Trauerzug.

Vornweg tänzeln Musikanten mit Geige und Klarinette und spielen die Moritat von Mackie Messer als flotten Dixie. Dann kommt June Newton, die schwarz gekleidet ist wie eine Witwe, aber so verschmitzt in die Kameras winkt, als sei sie eine junge Braut auf dem Weg zum Altar. Neben sich hat sie den Bundeskanzler und den Regierenden Bürgermeister von Berlin.

June Newton, 83, aber sieht nicht aus, als wollte sie sich die Laune verderben lassen. Und als sie schließlich vor diesem kleinen Erdloch steht, in dem sie die Urne ihres Mannes versenken, da schaut sie freundlich hinunter, legt seine Kamera dazu und fängt an zu singen.

"Es war ein Liebeslied", wird Lady Moore später erklären und verträumt mit den starken Wimpern klimpern. "Sehr bewegend", sagt ihr Gatte Sir Roger Moore, der vor langer Zeit mal James Bond war und in Kalifornien gleich neben dem weltberühmten Fotografen Helmut Newton gewohnt hat.

Nun steht er hier, auf dem verregneten Friedhof von Berlin-Friedenau und am Ende einer langen Reihe von mehr als 90 Trauergästen, die June Newton aus den Staaten und der halben Welt eingeladen hat, um leichten Herzens Abschied zu nehmen von einem Mann, der für übermäßig pietätvolle Zeremonien wenig übrig hatte.

Nun steht er hier, auf dem verregneten Friedhof von Berlin-Friedenau und am Ende einer langen Reihe von mehr als 90 Trauergästen, die June Newton aus den Staaten und der halben Welt eingeladen hat, um leichten Herzens Abschied zu nehmen von einem Mann, der für übermäßig pietätvolle Zeremonien wenig übrig hatte.

In Berlin jedenfalls haben sie ihn immer gemocht, diesen vergnügten kleinen Herrn, der hünenhafte Weibsbilder auf seine Fotos bannte, der die Frauen verehrte, Feministinnen mit seiner sexualisierten Bildsprache zur Weißglut brachte - und bei seinen Berlin-Besuchen gern mal den Muntermacher auf zu steif geratenen Partys spielte.

Dass Newton, er wurde 83, nach seinem tödlichen Verkehrsunfall im Januar nun ein Ehrengrab in Berlin bekommt, nur ein paar Häuserblocks entfernt von seinem Elternhaus und gleich neben dem Grab von Marlene Dietrich, das hat natürlich auch damit zu tun, dass er seine Bilder der Stadt Berlin vermacht hat.

"Wenn wir abgekratzt sind, bekommt ihr alles", erklärte er seinen Berliner Bewunderern und quartierte die enorme Kollektion, die am Freitag eröffnet wird, im Landwehr-Kasino am Bahnhof Zoo ein. Den Giebel des wilhelminischen Baus hatte Newton als letztes gesehen, als er als 18-Jähriger vor den Nazis floh.

"Mein Mann hatte sehr großes Heimweh nach Berlin, er wollte wieder zurück", sagt June Newton bei der Gedenkfeier im Roten Rathaus. Statt getragener Musik spielt dann eine Kapelle aus dem Friedrichstadtpalast. "Das gibt's nur einmal, das kommt nie wieder" und "Ich hab so Heimweh nach dem Kurfürstendamm".

Das kling ein wenig nach Playback und sehr nach Berlin. "Ich denke, Helmut Newton hätte das so gefallen", sagt der Regierende, bevor er Nadja Auermann küsst und mit James Bond ein wenig radebricht. Die Häppchen sind nicht üppig, die Gäste nehmen es gelassen. Helmut Newton ist nach Hause gekommen.

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Quelle:
SZ vom 3.6.2004
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