Süddeutsche Zeitung

Gerichtsbeschluss:Warum ein Sträfling nur zweimal pro Woche duschen darf

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Haben Gefängnisinsassen einen Anspruch auf die tägliche Dusche? Nein, urteilt das OLG Hamm - und entpuppt sich als etwas weltfremd.

Von Dominik Fürst

Wer im Gefängnis sitzt, der muss sich einschränken. Bett, Fernseher, ein paar Habseligkeiten müssen genügen, der Tagesablauf ist vorgegeben. Zumindest die elementaren menschlichen Bedürfnisse (Schlaf, Nahrung, Hygiene) darf der Delinquent aber als gesichert ansehen - durfte er zumindest bis zu dem Urteil, das das Oberlandesgericht Hamm jetzt gefällt hat. Es besagt: Ein Häftling hat nicht grundsätzlich Anspruch auf eine tägliche Dusche.

Ein 57 Jahre alter Strafgefangener aus einem Gefängnis in Düsseldorf hatte darauf bestanden, täglich zu duschen, mindestens aber alle zwei Tage. Die Leitung der Justizvollzugsanstalt verwehrte ihm diesen Wunsch. Das dürfen nur Häftlinge, die Sport oder einen schweißtreibenden Job betreiben. Alle anderen, so auch der Kläger, dürfen sich höchstens zweimal pro Woche unter der Dusche waschen, urteilte das Gericht (Az.: 1 Vollz (Ws) 458/15). Zweimal pro Woche!

Da half dem Häftling auch nicht die gesetzlich festgeschriebene Verpflichtung von Gefängnissen, den Vollzug einer Freiheitsstrafe "soweit wie eben möglich den allgemeinen Lebensverhältnissen anzupassen". So steht es im Strafvollzugsgesetz. Die Möglichkeit, sich in der Zelle zu waschen, genüge für die tägliche Körperhygiene, meint das OLG Hamm. Offensichtlich gilt ihm die tägliche Dusche als eher weltfremd.

Es mag einem unglücklichen statistischen Zufall geschuldet sein (unglücklich zumindest aus Sicht des 57-Jährigen, der jetzt nur noch zweimal pro Woche duschen darf), dass sich das Gericht offenbar aus jenem Teil der deutschen Bevölkerung zusammensetzt, dem die tägliche Dusche nicht so wichtig ist. Allen repräsentativen und weniger repräsentativen Umfragen zufolge handelt es sich dabei allerdings um die Minderheit. Zwischen 40 und 50 Prozent der Deutschen duschen demzufolge nicht jeden Tag. Insofern hat der Mann wohl einfach Pech gehabt.

Er muss sich jetzt mit Kernseife und Waschlappen in seiner Zelle anfreunden. Der Beschluss des Gerichts ist rechtskräftig.

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