Süddeutsche Zeitung

SZ-Kolumne "Bester Dinge":Ganz große Holzklasse

Es gehört zu den Rätseln der Geigenbau-Historie, bei wem der berühmte Antonio Stradivari in die Lehre ging. Anhand von Jahresringen im Holz könnte es nun gelöst werden.

Von Nadeschda Scharfenberg

Es ist tatsächlich noch kein Meister vom Himmel gefallen, außer vielleicht Felix Baumgartner, der Stratosphärenspringer. Die anderen Meister dieser Welt haben klein angefangen, als Lehrlinge. In der langen Reihe der Meister-Azubi-Paare gibt es einige, die herausstechen, weil sich das Können des einen derart in dem anderen angereichert hat, dass sich darüber streiten lässt, wer letztlich wen überstrahlt. Sokrates und Platon sind ein solches Duo, Bellini und Tizian, van Gaal und Mourinho. Amati und Stradivari? Mit den beiden Herren ist es nicht ganz so einfach.

Es ist eines der ungelösten Rätsel der Geigenbau-Historie, wie genau aus dem jungen Antonio Stradivari aus Cremona im 17. Jahrhundert der berühmteste aller Geigenbaumeister wurde. Seine Violinen gehören zu den wertvollsten der Welt, aktuell bietet Christie's die "Hellier" aus dem Jahr 1679 an, erwarteter Preis bis zu elf Millionen Euro. Schon lange wird vermutet, dass Stradivari bei Nicola Amati in die Lehre gegangen ist, seinerzeit der bedeutendste Geigenbauer Italiens. Es gibt Hin-, aber keine Beweise, auf den Schülerlisten Amatis taucht kein Stradivari auf.

Nun aber scheint des Rätsels Lösung nah zu sein. Italienische Dendrochronologen - Baumstammforscher, die auf Jahresringe spezialisiert sind - haben Stradivaris einzige Harfe mit einem Amati-Cello verglichen und festgestellt: Die Decke des Cellos und die Resonanzdecke der Harfe sind aus demselben Fichtenholz gefertigt. Amati und Stradivari müssen also in derselben Werkstatt gearbeitet haben.

Allerdings wollten die Forschenden auch eine andere Möglichkeit nicht ausschließen: dass die beiden Instrumentenbauer einfach nur beim selben Holzhändler einkauften.

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