Süddeutsche Zeitung

Freiburg:"Wichtig für das Sicherheitsgefühl der Stadt"

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Von Oliver Klasen

Vielleicht ist der Satz, den Dieter Salomon, der Freiburger Oberbürgermeister, an diesem Samstag gesagt hat, mutig angesichts der Situation in seiner Stadt. Man solle die "Herkunft des Täters nicht für Pauschalurteile heranziehen, sondern den Einzelfall betrachten".

Gerade hat die Freiburger Polizei einen Fahndungserfolg vermeldet. Ein schweres Verbrechen, das die sonst so friedlich scheinende Stadt in den vergangenen Wochen geschockt hatte, ist offenbar aufgeklärt. Für den Tod einer 19-jährigen Studentin, deren Leiche Mitte Oktober nahe des Fußballstadions an dem Flüsschen Dreisam gefunden worden war, soll ein junger Mann verantwortlich sein. Der Tatverdächtige ist erst 17 Jahre alt. Ein unbegleiteter Flüchtling, der Ende 2015 aus Afghanistan nach Deutschland gekommen ist und bei einer Familie in Freiburg lebte.

"Es ist ein großer Fahndungserfolg der Polizei, dass sie diesen grausamen und schrecklichen Mord so schnell aufklären konnte. Dieser Fahndungserfolg ist wichtig für den weiteren Umgang mit solchen Ereignissen und für das Sicherheitsgefühl in der Stadt", so Salomon.

Im Internet werden die Straftaten von Migranten aufgelistet

Doch stimmt das wirklich? Viele Bürger, vor allem wenn sie sich anonym im Netz äußern, tun genau das Gegenteil dessen, was der Oberbürgermeister anmahnt. Sie fällen Pauschalurteile, und machen sich lustig über jene, die die Umstände jedes einzelnen Falls betrachten wollen. "Einzelfall" ist beinahe zu einem Kampfbegriff rechter Hetzseiten geworden, auf denen Straftaten aufgelistet werden, die von Asylbewerbern und anderen Migranten begangen werden.

Dass die Tat von Freiburg negative Auswirkungen haben wird, glaubt auch der Freiburger SPD-Kommunalpolitiker Ismael Hares, der in Kabul geboren ist. Menschen, die etwas gegen Flüchtlinge hätten, würden sich in ihren Vorurteilen bestätigt fühlen und sagen: "Seht ihr, wir haben das gleich gesagt." Es schlage jetzt wohl nicht die Stunde der Differenzierten, sagte Hares der Badischen Zeitung.

Er sei über die grausame Tat "bis ins Mark erschüttert". Dafür werde sich der mutmaßliche Täter vor Gericht, aber auch vor der Familie des Opfers verantworten müssen. Er könne nicht verstehen, dass man aus einem Land, in dem so viel Krieg wie in Afghanistan herrscht, fliehe und dann in dem Land, das einen aufnehme, einen solchen Mord begehe, sagte Hares der Zeitung.

Auf die Spur des Verdächtigen kam die Polizei durch Videoaufnahmen, die in einer Straßenbahn in der Freiburger Innenstadt gemacht wurden. Den Ermittlern half dabei, dass der Verdächtige zur Tatzeit eine markante Frisur trug: schwarzes, aber teilweise blondiertes Haar mit einem sogenannten Undercut, das zu einem Zopf zusammengebunden war. Obwohl der 17-Jährige seine Frisur inzwischen verändert hatte, erkannte ihn eine Polizeistreife am Freitag im Stadtteil Littenweiler.

Polizei prüft Verbindung zu zweiten Verbrechen

Ein DNA-Abgleich mit den am Tatort gefundenen Haaren erbrachte dann eine Übereinstimmung. Genmaterial des Verdächtigen befand sich auch an der getöteten Studentin und am Fahrrad, das in der Nähe des Tatorts gefunden wurde.

Der 17-Jährige sitzt derzeit wegen des dringenden Tatverdachts der Vergewaltigung und des Mordes in Untersuchungshaft. Angaben zur Tat hat er bisher nicht gemacht.

Die 19-jährige Medizinstudentin war in der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober allein mit ihrem Fahrrad unterwegs. Sie war auf dem Weg von einer Party zu ihrem Wohnheim, als der Täter sie überfiel. Als Todesursache gilt Tod durch Ertrinken. Ob der Täter die Frau ertränkte, sie nach dem Mord ins Wasser legte oder ob sie selbst hineinfiel, ist noch unklar.

Derzeit prüft die Polizei noch, ob es eine Verbindung zu einem zweiten Verbrechen gibt, das sich vor Kurzem in der Region ereignete: Eine 27-Jährige wurde Anfang November in Endingen nördlich von Freiburg beim Joggen überfallen, vergewaltigt und getötet. Die Polizei, das schreibt die Badische Zeitung, geht eher von zwei unterschiedlichen Tätern aus. Aber noch sind nicht alle Spuren ausgewertet.

(Mit Material der dpa)

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