Süddeutsche Zeitung

Missbrauch:Breisgauer Missbrauchsfall: So half die Mutter dem Täter

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Von Ronen Steinke

Im Fall des Breisgauer Kindesmissbrauchs-Rings kommt der Mutter des misshandelten Kindes offenbar eine größere Rolle zu als bisher bekannt. Die 47 Jahre alte Berrin T. soll ihren heute neunjährigen Sohn eigenhändig mindestens einem vermeintlichen Kinderschänder zugeführt haben, wie die Süddeutsche Zeitung aus Sicherheitskreisen erfuhr. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg lehnte eine Stellungnahme unter Verweis auf die noch laufenden Ermittlungen ab.

Dass die Mutter sich an Missbrauchshandlungen aktiv beteiligt habe, ahnten die Ermittler schon, als sie am 15. September des vergangenen Jahres in der Nähe von Freiburg zugriffen und Berrin T. sowie deren Lebensgefährten Christian L. verhafteten. Wie sich zeigte, organisierte die Mutter aber auch mindestens einmal ein Treffen mit jenen fremden Männern, die seit 2015 mutmaßlich auf Einladung von Christian L. eigens nach Staufen angereist kamen, um das Kind zu missbrauchen. Teils sollen Tausende Euro geflossen sein. In anderen Fällen verlangten sie, wie sich herausstellt, fast nichts. Berrin T. und Christian L. sitzen inzwischen in Untersuchungshaft.

In den Monaten seit dieser Verhaftung haben Ermittler aus Baden-Württemberg noch sechs weitere Verdächtige festsetzen können, die sich als "Kunden" an dem Missbrauchs-Ring beteiligt haben sollen. Offenbar wurden diese Ermittlungserfolge möglich, weil der Hauptverdächtige Christian L. inzwischen mit der Polizei zusammenarbeitet. Er soll den Strafverfolgern das Passwort zu seinem Benutzerkonto auf einer Pädophilen-Seite im Internet verraten haben.

Damit soll es den Ermittlern gelungen sein, L.s bisherige Netz-Bekanntschaften in Fallen zu locken. Damit sollen sie auch neue Einblicke in die Funktionsweise dieser abgeschotteten kriminellen Szene gewonnen haben. So hätten die Männer, die den Sohn von Berrin T. missbrauchten, regelmäßig auch Geschenke für das Kind mitgebracht; womöglich um ihr Gewissen zu beruhigen. "Die Wahrscheinlichkeit, dass er das behalten durfte, ist gering", sagte ein Ermittler der SZ.

Immer häufiger, so sagt der Staatsanwalt Georg Ungefuk von der Zentralstelle für die Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) in Gießen, täuschten sich Pädophile, wenn sie meinten, dass sie im Netz unbeobachtet seien. Weil die Ermittler Accounts von Tatverdächtigen übernehmen könnten, gelinge es ihnen heute immer öfter, einen Weg auch in die inneren Zirkel der Kinderporno-Szene zu finden.

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Quelle:
Süddeutsche Zeitung vom 29.1.2018
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