Süddeutsche Zeitung

Frankreich:Mörderin wird begnadigt und kommt nicht frei

Eine Gerichtsentscheidung entzweit Frankreich: Die wegen Mordes an ihrem gewalttätigen Mann verurteilte Jacqueline Sauvage muss trotz ihrer Begnadigung durch Präsident François Hollande in Haft bleiben. Ein Gericht in Melun südlich von Paris wies den Antrag der 68-Jährigen auf Freilassung zurück. Sie habe nicht genug Einsicht in ihre Tat gezeigt, argumentierten die Richter nach Angaben der Anwälte. Die Staatsanwaltschaft kündigte Berufung an.

Die im Herbst 2014 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilte Sauvage ist ein Opfer häuslicher Gewalt. Sie hatte ihren Mann, einen Alkoholiker, nach 47 Jahren Ehe mit einem Gewehr rücklings erschossen, nachdem dieser sie und ihre Kinder immer wieder geschlagen und missbraucht hatte. Einen Tag zuvor hatte ihr Sohn sich das Leben genommen.

400 000 Menschen unterschrieben Petition

Der Fall sorgte in Frankreich für großes Aufsehen. 400 000 Menschen unterschrieben eine Petition für die Freilassung der Verurteilten. Präsident Hollande begnadigte Sauvage auf Bitte ihrer drei Töchter Ende Januar unter Auflagen. Die Frau beantragte daraufhin ihre Freilassung bei dem zuständigen Gericht in Melun. Dieses wies den Antrag nach Darstellung ihrer Anwälte zurück, weil Sauvage "die Motive für ihre Tat nicht ausreichend hinterfragt habe".

Unter französischen Politikern stieß das Urteil auf scharfe Kritik. Die Reaktionen reichten von Enttäuschung bis hin zu Empörung. Die konservative Parlamentsabgeordnete Valérie Boyer schrieb auf Twitter: "Diese Entscheidung der Justiz ist ein katastrophales Signal für alle Frauen, die geschlagen werden, es ist unerträglich." Auch Frauenrechts-Organisationen äußerten sich schockiert.

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