Süddeutsche Zeitung

Schotte scheitert mit Klage:Nacktsein ist kein Menschenrecht

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30 Mal wegen öffentlicher Nacktauftritte verurteilt

Ein in Großbritannien als "nackter Wanderer" bekannter Schotte ist vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mit einer Klage gegen Haftstrafen wegen Exhibitionismus gescheitert. Die Straßburger Richter stellten sich hinter die britische Justiz, die den 55-Jährigen etwa 30 Mal wegen seiner öffentlichen Auftritte im Adamskostüm verurteilt hatte. Insgesamt verbrachte der Mann gut sieben Jahre im Gefängnis - in einer Einzelzelle, weil er auch hinter Gitter jede Kleidung ablehnte.

Nackt vor Gericht

Stephen Peter Gough hatte im Jahr 2003 beschlossen, nackt von Land's End im äußersten Südwesten Englands bis ins gut 1340 Kilometer entfernte John O'Groats an der nordöstlichen Spitze von Schottland zu marschieren. Das brachte ihm in Großbritannien den Spitznamen "the naked rambler" (der nackte Wanderer) ein.

Er wurde in den Jahren von 2003 bis 2012 immer wieder festgenommen, weil er sich nackt in der Öffentlichkeit zeigte - auf Straßen, Plätzen oder auch Flughäfen. Seine Weigerung, angezogen vor Gericht zu erscheinen, kostete den Schotten außerdem eine Verurteilung wegen Beleidigung eines Richters.

Nur eine Woche in Freiheit

Nach jeder Haftentlassung wurde der Mann schnell wieder festgenommen, weil er erneut alle Hüllen fallen ließ. Mehrfach bereits am Ausgangstor. Anfangs waren die Haftstrafen milde, doch im Zuge der zahlreichen Rückfälle wurden die Richter strenger. Daher hat er dem Urteil zufolge zwischen Mai 2006 und Oktober 2012 nur etwa eine Woche in Freiheit verbracht.

Der Schotte wollte mit den hüllenlosen Auftritten nach eigenem Bekunden seine Überzeugung kundtun, dass der menschliche Körper nicht anstößig ist. Vor dem Straßburger Gericht machte er geltend, die britische Justiz habe mit ihren Urteilen gegen sein Recht auf Meinungsfreiheit verstoßen.

Gegen die guten Sitten verstoßen

Die Straßburger Richter räumten ein, die "öffentliche Nacktheit" des Klägers könne durchaus als eine Art Meinungsäußerung angesehen werden. Der Mann könne aber nicht für sich selbst Toleranz beanspruchen und sich gleichzeitig über die Gefühle anderer hinwegsetzen, die sein Verhalten als schockierend oder verletzend empfinden könnten. Die nackten Auftritte hätten die Vorschriften über "gute Sitten" verletzt, die in "jeder modernen demokratischen Gesellschaft" gültig seien.

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